Freitag, 30. Dezember 2011

"Kommunalka"

„….Aber nicht alle Kommunalki – (eine Kommunalka ist eine große, bürgerliche Wohnung der Zarenzeit, in der dann  im Sowjetsystem mehrere Familien gleichzeitig untergebracht wurden)- in einem Haus wurden (nach Ende des Kommunismus) aufgelöst; in meinem Treppenaufgang zum Beispiel blieb eine Kommunalka bestehen. Darin lebten zwei Brüder um die dreißig, die beschlossen, den kapitalistischen Weg einzuschlagen. Sie machten einen Trinkwassergroßhandel auf. Dieses Geschäft warf allem Anschein nach Gewinn ab. Alle Stockwerke in unserem Aufgang waren  mit Zehnliterplastikflaschen zugestellt, denn sie beiden Jungunternehmer hatten keine Lagerräume. Die Brüder veränderten sich: Sie trugen nur noch modische Kleidung und Schuhe, alles sehr schick und italienisch. Doch dann ging die russische Seele mit ihnen durch: Sie schwammen in Geld und begannen zu trinken -  kein Wasser, versteht sich. Sie tranken und tranken; und einer der Brüder trank so viel, dass er starb. Der andere Bruder veranstaltete einen pompösen Leichenschmaus in der Kommunalka. Dabei  - sein Bruder war eben erst unter die Erde gebracht – betrank er sich dermaßen- dass er ins Badezimmer verschwand und ebenfalls starb. In unserem Aufgang war es vorbei mit dem Trinkwasser-Kapitalismus. Weit und breit keine Plastikflaschen mehr....“

Viktor Jerofejew, FAZ 30.10.09, S. 34

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Samstag, 24. Dezember 2011

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Der Kulturwissenschaftler Friedrich Kittler

forderte die „Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften“. 


Kittler: "Gott schuf den Menschen, weil er ihn träumte. Der Mensch aber vergaß Gott und schuf die Maschine, weil er sie träumte. Am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts aber hat die Maschine den Menschen vergessen. Wer wollte vorhersagen können, von wem oder was sie träumt?"


Friedrich Kittler 1943 - 2011 

Donnerstag, 8. September 2011

Aphoristisches

Was dir an dem anderen als Schwäche erscheint, kann geistig seine Stärke sein.
Was dir als deine eigene Stärke erscheint, kann geistig deine Schwäche sein.

Betrachte Schwäche mit Milde.
Betrachte Stärke mit Sorge.

Nimm der Schwäche Kraft als Zukunftslicht.
Nimm der Stärke Gewordenheit als Vergangenheit.

Montag, 22. August 2011

WAHLEN

"Ich gebe meine Stimme nicht ab!
 Ich behalte meine Stimme!
 Ich erhebe meine Stimme!"




Montag, 15. August 2011

Träume sind keine Schäume:

Zitate aus ZEIT-online:

"DIE ZEIT: Frau Dr. Voss, einer verbreiteten Vorstellung nach knüpfen Träume eng an das reale Leben an. Stimmt das?

Ursula Voss: Ich bin da mittlerweile skeptisch. Im Rahmen einer Studie haben wir untersucht, wie sich die Träume von körperlich behinderten und nicht behinderten Menschen unterscheiden. 50 Probanden führten Tagebuch über ihre Träume. Vier der Versuchspersonen waren von Geburt an gelähmt, zehn taubstumm und 36 nicht behindert.

Voss: Es war verblüffend. Menschen, die in der Realität noch nie etwas gehört haben, träumten zum Beispiel von den Klängen eines Violinkonzerts. Gelähmte konnten im Traum gehen, Taubstumme hören und sprechen. In einigen Träumen waren Menschen auf einen Rollstuhl angewiesen, doch es handelte sich dabei um Träume von Nichtbehinderten. Auch Taubstummheit spielte manchmal eine Rolle – nicht aber bei taubstummen Probanden. Ein zentraler Bestandteil des realen Lebens behinderter Menschen, ihre Behinderung, kommt in ihren Träumen nicht vor. ..."

"Paul McCartney behauptet, er habe die Melodie für den Beatles-Welthit Yesterday Mitte der 1960er Jahre geträumt."


Quelle: http://www.zeit.de/2011/32/Traeume-Interview-Titel/seite-1


Über Träume:

Es ist schon etwas Besonderes, wenn ein Wissenschaftler, der einem fundamentalen Irrtum unterliegt, durch sein eigenes Schicksal so deutlich auf die Wahrheit hingewiesen wird:

Zitate aus "ZEIT": 
http://www.zeit.de/2011/32/Traeume-Wissenschaft

"Die Renaissance der Traumforschung begann mit heftigem Schwindel. Am 1. Februar 2001 saß Allan Hobson, der einflussreichste Schlafforscher der letzten Jahrzehnte, mit seiner Frau Lia beim Frühstück. Plötzlich drehte sich alles um ihn. Hobson, damals 68, presste seinen Kopf auf den Tisch, um das Gleichgewicht zu halten. Lia, eine Neurologin, erkannte die Symptome eines Schlaganfalls und brachte ihren Mann ins Krankenhaus. Eine Arterie in seinem Hirnstamm war geplatzt.

Der Schlaganfall brachte auch Hobsons Schlaf durcheinander. In den ersten zehn Tagen schlief er überhaupt nicht. Seine Träume blieben noch länger aus. Stattdessen hatte er im Wachen furchtbare Halluzinationen – so als wollte sein Gehirn dringend träumen. Sein erster Traum, 38 Tage nach dem Schlaganfall, kam just in jener Phase, in der er auch das Gehen wieder lernte. Das war kein Zufall, davon ist Hobson überzeugt – erst träumend habe sein Gehirn die grundlegenden Fähigkeiten wiedererlangt. Mittlerweile glaubt er sogar: »Ohne Träume gibt es kein Bewusstsein.«

"Ausgerechnet Allan Hobson! Der Psychiater hatte die Träume einst mit aller Macht den bisherigen Traumdeutern entreißen wollen, er hat sie gar zum sinnlosen Abfallprodukt der Hirntätigkeit degradiert."
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Worüber er allerdings nicht nachdachte, ist, dass seine Träume mit dem neuen Gehenlernen zusammen kamen!

Sonntag, 14. August 2011

"Im Rückblick muss ich sagen, dass der 11. September 2001 ein Einschnitt war. Ich weiß noch genau, dass ich an diesem Tag den bis dahin größten Verlust meiner Karriere gemacht habe, seltsamerweise aber nicht nachdem die Flugzeuge in die Türme geflogen sind, sondern davor. Das ging allen Händlern in unserem Handelshaus so. Es gab da Kursschwankungen, die ich mir nicht erklären konnte und die auch später eigentlich keinen Sinn ergaben, es sei denn, man würde denken, es habe vorher jemand von dem Anschlag gewusst."



FAZ vom 13.August 2011 - S.40

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Börsentagebuch: Montag, 8.8.2011



Börsentagebuch


Aus der Kurve


Er ist ein Day Trader und spekuliert an der Börse. Aber im Moment versteht er sie nicht mehr. Tagebuch einer Woche, in der die Welt angeblich pleitegehen sollte. Aufgezeichnet von Marcus Jauer.

Montag, 8.8.2011

Die ersten Order habe ich noch plaziert, bevor ich am Sonntag ins Bett gegangen bin, das war gegen Mitternacht, als in Asien die Börse öffnete. Zwei Tage zuvor hatte eine große Ratingagentur die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten herabgestuft, und wie wahrscheinlich alle rechnete ich damit, dass die Kurse in dieser Woche fallen würden, wenn nicht sogar einbrechen. Die Frage war nur, um wie viel.

Eigentlich kann es mir egal sein, ob die Kurse steigen oder fallen, mein Ziel besteht darin, in jedem Fall Geld zu verdienen, so oder so. Ich bin Börsenhändler, man könnte auch sagen ein Day Trader, aber den Begriff mag ich nicht so. Ich bin keiner, der nur für den Tag spekuliert. Früher habe ich für Handelshäuser gearbeitet, seit drei Monaten bin ich selbständig und arbeite nur noch mit meinem eigenen Geld. Ich habe mich auf Futures spezialisiert, das sind Termingeschäfte, die man sich wie Wetten vorstellen muss. Man spekuliert darauf, dass ein bestimmter Kurs bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen bestimmten Wert steigt oder fällt, was nicht heißt, dass man das Papier bis zur Fälligkeit halten muss. Normalerweise wird ein Future glattgestellt, sobald der Kurs in die richtige Richtung läuft, das kann nach wenigen Sekunden sein. Das ist einer der Vorteile auf dem Markt für Termingeschäfte, alles geht schnell und direkt. Außerdem ist es billiger, als mit Aktien zu handeln. Man braucht weniger Geld, um mitzuspielen.

Als ich heute Morgen gegen acht den Computer hochgefahren habe, waren die Kurse weniger gefallen, als ich vermutet hatte, ich hab also auch weniger verdient als erhofft. Das ist meistens so. Wenn alle den Weltuntergang erwarten, tritt er nicht ein. Wir haben zwar in den letzten Tagen immer wieder ungewöhnlich stark schwankende Kurse gesehen mit aggressiven Ausschlägen. Aber ich glaube nicht, dass sich das allein damit erklären lässt, dass die Amerikaner so hohe Schulden haben und die Europäer Schwierigkeiten mit ihrer Währung, das sind beides keine Neuigkeiten, auch wenn die Presse seit dem Wochenende alles, was aus dem Finanzbereich kommt, über Liveticker meldet.

Im Moment ist früher Vormittag, und der Dax bewegt sich bisher kaum nach unten. Ich denke, ich halte mich heute erst einmal zurück und schaue aus der zweiten Reihe, ob es zum Ausverkauf kommt. Womöglich beruhigt sich alles ganz schnell wieder und Mitte der Woche reden wir schon über etwas anderes.

Dienstag, 9.8.2001
Ich habe gestern Abend dann noch sehr viel Geld verloren. Ich will nicht sagen, wie viel, aber das war ein rabenschwarzer Tag. Normalerweise steige ich aus, sobald ich mehr verloren habe, als ich an einem guten Tag gewinne. Das ist mein Limit, aber daran habe ich mich gestern nicht gehalten. Bis Mittag sah es noch so aus, als würde sich der Markt stabilisieren, aber dann brachen die Kurse ein, die Anleihen stiegen, es gab ständig neue Höchst- und Tiefststände, und ich bin immer wieder rein. Am Ende hatte ich in nur zwei, drei Stunden das Geld vernichtet, das ich in den letzten drei, vier Wochen verdient habe.

Würde ich noch in einem Handelshaus arbeiten, wäre längst mein Chef gekommen und hätte gefragt, was ich da mache. Es gibt für jeden Händler ein Exit-Limit. Wer das überschreitet, dem schalten sie den Rechner aus. Aber jetzt arbeite ich von zu Hause, ohne Chef, ohne die anderen Händler, die mit mir im Saal sitzen. Das ist weniger Wettbewerb, aber nicht weniger Druck, jetzt geht es ja um mein eigenes Geld. Ich habe einen Arbeitsplatz mit vier Bildschirmen, auf zweien beobachte ich den Markt, auf zweien meine Order, ab und an meldet sich noch der Nachrichtenkanal und bringt News aus der Finanzbranche.

Ich fange meist gegen 8 Uhr an und höre auf, wenn ich genug verdient habe. Normalerweise versuche ich zwischendrin immer wieder aufzustehen, auf die Straße zu gehen, zum Bäcker, um Abstand zu bekommen, aber das habe ich gestern nicht geschafft. Bis ich abends um zehn den Rechner abgeschaltet habe, hatte ich kaum etwas gegessen. Das ist nicht gut. Der Job ist anstrengend, man muss sich konzentrieren. Man beobachtet den Markt und versucht, ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin er steuert und wann das Momentum entsteht, wo man handeln muss. Es ist wie beim Fußball. Man sieht, dass das Spiel eine Richtung nimmt, und spürt irgendwann, dass gleich ein Tor fallen müsste, und dann fällt es. Oder es fällt nicht, das Momentum geht vorbei und ein neuer entsteht, weil nun die Chancen für einen Konter steigen.

Aber zurzeit funktioniert das nicht. Es ist, als könne jederzeit alles passieren. Die Kurse und die Nachrichten passen nicht mehr zusammen. Geben die amerikanische Notenbanken oder die europäischen Finanzminister große Entscheidungen bekannt, beschäftigt das die Märkte nur ein, zwei Minuten. Gleichzeitig brechen sie wegen Ereignissen ein, die seit langem bekannt sind. Ich kann mir das nicht erklären. Ich bin seit dreizehn Jahren Börsenhändler, aber gerade scheint mich meine Erfahrung sogar eher zu stören. Ich versuche immer, Muster wiederzuerkennen, aber da sind keine. Als gestern Nachmittag die Kurse fielen, dachte ich, das muss doch irgendwann mal aufhören, es ist doch gar nichts passiert, aber sie fielen immer weiter. Am Ende wurden alle panisch, und ich war mit bis zu sieben Produkten gleichzeitig im Handel. Heute werde ich mich auf jeden Fall zurückhalten. Ich muss erst einmal analysieren, was da überhaupt passiert ist.

Mittwoch, 10.8.2011

Der Tag war für mich schmerzfrei. Ich scheine mich langsam an die Bewegungen zu gewöhnen, aber ich handele im Moment auch sehr kurzfristig. Am Morgen war der Dax noch einmal gefallen, das hatte ich zwar so erst nicht erwartet, war dann aber gut dabei. Ich hab vermutet, dass er danach wieder steigt, aber erst passierte nichts, und dann fiel er wieder. Es klingt für einen Börsenhändler, der im Markt doch ständig mehrere Indikatoren prüft, sicher ein bisschen simpel, wenn er sagt, heute ist der Dax sechshundert Punkte gefallen, also muss er bald auch wieder nach oben gehen, aber die Wahrheit ist im Moment archaisch.

Ich habe Ende der neunziger Jahre angefangen zu handeln. Ich hatte Volkswirtschaft studiert und eine Ausbildung bei einer Investmentbank begonnen, als ein Handelshaus kam und mir anbot, gleich mit richtigem Geld zu arbeiten. Wenn es funktionierte, konnte ich bleiben, wenn nicht, würden sie mich feuern. Mich hat das nicht geschreckt, damals wurden einem die Jobs in der Finanzbranche nur so nachgeworfen. Aber ich hab mich durchgesetzt. Ich habe schnell gelernt, dass man als Händler zwei Eigenschaften haben muss, die sich eigentlich widersprechen. Man muss aggressiv sein und gelassen. Je nachdem, wie diese zwei Eigenschaften sich bei einem verteilen, gehört man eher zu den risikobereiteren Händlern oder zu den vorsichtigeren. Trotzdem, man braucht beide.

Als ich später für ein Handelshaus in einer Steueroase gearbeitet habe, hatte ich zwei Chefs, die zwei vollkommen unterschiedliche Ansätze fuhren. Der eine war eher ein Macho, der überall Gelegenheiten erkannte, oft viel verdiente, nach einer Zeit aber immer auch schwer einbrach. Der andere war ein ruhiger Asiate, der es hasste, Geld zu verlieren, und sich lieber mal ein Geschäft entgehen ließ. Der eine hatte große Ausschläge, der andere nicht, doch über das Jahr haben beide gleich gut verdient. Jeder hat eben seinen Rhythmus. Ich bin eher jemand, bei dem es zwei, drei Wochen läuft, der sich dann zu sicher wähnt und einen Absturz hat. Insofern kenne ich solche Situationen wie am Montag. Ich bin nur froh, dass ich das jetzt noch zwei Tage aufholen kann, sonst wär das Wochenende gelaufen. Aber heute mache ich mal um fünf Schluss und gehe zum Fußballtraining.

Donnerstag, 11.8.2011

Heute ist es gut gelaufen. Ich habe wie seit Dienstag schon den ganzen Tag gescalpt, so nennt man das, wenn einer ohne klare Strategie im Markt liegt und einfach nur schnell kauft und wieder verkauft. Das ist zwar orientierungslos, aber trotzdem anstrengend. Zu Beginn fiel der Dax auf ein neues Tief, dann kamen die Konjunkturdaten aus Amerika, die besser waren als gedacht, und er stieg wieder. Es hätte mich aber auch nicht gewundert, wenn sie gar keinen Effekt gehabt hätten. Insgesamt habe ich 241 Order abgegeben, was heißt, dass ich jeden Future nach etwa einer Minute wieder verkauft habe. Inzwischen habe ich die Verluste vom Montag zur Hälfte wettgemacht. Das hätte ich zum Beispiel auch nicht erwartet.

Die Schwankungen, die wir jetzt sehen, kenne ich eigentlich nur vom Ende der neunziger Jahre. Damals gab es viel weniger Händler, es war viel weniger Geld im Spiel, und die Order wurden fast alle von Menschen abgegeben, wenn auch schon nicht mehr per Telefon. Im Rückblick muss ich sagen, dass der 11. September 2001 ein Einschnitt war. Ich weiß noch genau, dass ich an diesem Tag den bis dahin größten Verlust meiner Karriere gemacht habe, seltsamerweise aber nicht nachdem die Flugzeuge in die Türme geflogen sind, sondern davor. Das ging allen Händlern in unserem Handelshaus so. Es gab da Kursschwankungen, die ich mir nicht erklären konnte und die auch später eigentlich keinen Sinn ergaben, es sei denn, man würde denken, es habe vorher jemand von dem Anschlag gewusst.

Als ökonomisches Ereignis selbst ist der 11. September gar nicht so bedeutend gewesen, aber ab der Zeit danach drückte sehr viel Geld in den Markt, die Umsätze vervielfachten sich, die Gebühren sanken, und nach und nach kamen Computer auf. Heute wird ein Großteil der Order von Rechnern plaziert, die im Millisekunden-Takt miteinander handeln und die Limits, die ihnen einprogrammiert sind, nie überschreiten. Anders als ich sind sie damit nicht so anfällig für Katastrophentage, aber ich bin kein Freund von Computern als Händlern, ich habe mich auch nie bemüht, selbst Programme zu schreiben, wie das einige meiner Kollegen machen.

Ich kenne mich mit Computern nicht aus. Wenn bei mir zu Hause das Internet langsamer wird, bekomme ich eine Warnung. Dann muss ich einen Techniker holen und gehe bis dahin aus dem Markt. Es ist inzwischen alles so miteinander vernetzt, dass sich die Maschinen verselbständigen können und sich gegenseitig runterkaufen wie vor gut einem Jahr, als der Dow Jones plötzlich fast tausend Punkte verlor, ohne dass es einen Grund dafür zu geben schien, bis herauskam, dass es ein Computerfehler war.

Ich kann auch nicht sagen, ob all das - die Computer, das Geld, die Geschwindigkeit - die Bewegungen im Markt beruhigt haben, aber solche Ausschläge wie im Moment hatten wir in den letzten Jahren nur bei wirklichen Einschnitten, beispielsweise als Lehman Brothers pleiteging. Das war eine wichtige Bank, das hatte konkrete Auswirkungen auf die Leute. Die Panik, die jetzt im Markt ist, scheint mit keiner bestimmten Nachricht zusammenzuhängen. Man spürt nur, dass alle ihr Geld zurückziehen, sobald die Kurse fallen.

Freitag, 12.8.2011

Nachdem es in den letzten Tagen Gerüchte um die Kreditwürdigkeit Frankreichs gegeben hatte und eine französische Bank bereits unter Druck geriet, haben gestern Abend vier europäische Länder Leerverkäufe für Bankaktien verboten. Bei einem Leerverkauf setzt der Händler auf fallende Kurse, und die Hoffnung ist, dass der Kurs stabil bleibt, wenn man ihm den Leerverkauf verbietet. Im Moment scheint das aufgegangen zu sein. Die Kurse haben sich konsolidiert, aber ich weiß nicht, ob das lange anhält. Jetzt warten alle darauf, dass die Börse in Amerika öffnet, damit man sieht, wie sich die Spieler positionieren, bevor es über das Wochenende keine Möglichkeit mehr gibt, auf Nachrichten zu reagieren.

Am Ende dieser Woche kann ich sagen, dass sie mir sicher in Erinnerung bleiben wird. Den Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, ging es genauso. Einige haben in den letzten Tagen viel Geld verloren, einige viel gewonnen, aber unruhig geschlafen haben sie alle. Ich bin mit meiner Strategie, ohne eigene Meinung richtungslos im Markt zu treiben, um dann immer nur kurzfristig zu reagieren, ab Dienstag ganz gut durchgekommen, ich denke auch, dass das funktionieren wird, bis sich die Kurse wieder beruhigt haben. Dass die Entwicklung aber so wenig mit der realen Nachrichtenlage zusammenhängt, hat es so bisher nicht gegeben. Man kann sich eigentlich auf keinen Indikator mehr verlassen.

Kann sein, dass sich für jemanden, der sich nicht an der Börse bewegt, das Virtuelle an meinem Job, wenn nicht das Sinnentleerte, nur noch verstärkt, während der Bürger mit seinem Steuergeld für die Rettung der Banken einstehen muss, aber so sehe ich das nicht. Ich habe viele Leute gekannt, die bei Lehman Brothers gearbeitet haben und denen nun, wie all den anderen Investmentbankern, Gier unterstellt wird. Aber das waren clevere Burschen, die wollten nichts Böses, die haben nur Instrumente angewendet, die ihnen erlaubt waren, und erlaubt hatte sie ihnen die Regierung. Dieselbe Regierung, die später entschied, dass einige Banken zu groß sind, um sie sterben zu lassen, dabei hatten sie Fehler gemacht wie alle anderen. Wenn ich einen Fehler mache, stand früher im Handelshaus mein Chef hinter mir, ich habe auf die Finger bekommen und daraus gelernt. Die Banken dagegen sind heute mit größerem Risiko im Markt als jemals zuvor.

Meine Eltern sind beide Ärzte. Ich weiß natürlich, dass auch mein Beruf eine ethische Komponente hat. Dazu muss ich mir gar nicht anschauen, wie Termingeschäfte über die Nahrungsmittelpreise in der Dritten Welt bestimmen können. Ich habe solche Geschäfte bislang nicht gemacht, sie sind nicht mein Bereich, aber sie sind erlaubt, und ich bin mit mir übereingekommen, dass ich alles mache, was erlaubt ist. Ich habe Freude an meiner Arbeit.

Donnerstag, 4. August 2011

Deutschland: Eine ernste Kultur

Alle folgenden Zitate sind entnommen dem Buch: GERMAN DREAM, Wolgang Blau, Alysa Selene - dtv


"...Eine ernste Kultur, eine extrem fordernde Kultur, Tiefgang, Themen wie Schicksal, Glaube, Tod...Was entdeckst du, wenn du etwas bis in seine Tiefen erforschst?..desto mehr Angst und Beklemmung wirst du erzeugen...Ihr werdet auf diese Weise niemals Frieden finden...Das ist der Preis, den ihr dafür bezahlt, tiefe Denker und diese tiefe Suche nach Bedeutung hervorzubringen... Eure Tiefe ist eure Kraft...In Deutschland können wir einen Ausdruck für die wirkliche Zukunft finden."
Clotaire Rapaille, Frankreich




"...Die Eltern in Kontinentaleuropa vermitteln ihren Kindern, dass Freiheit untrennbar davon abhängt, wie sehr eine Person in soziale Beziehungen eingebettet ist, welche Lebensqualität und welchen Zugang sie zu ihrer Gemeinschaft hat... es wird oft gesagt, dass Deutschland der wirtschaftliche Motor Europas sei....(es) war seit Ende des 2. Weltkrieges auch der moralische Motor Europas.... Da entwickelt sich gerade eine deutsche Seele, ein seelenvolles Deutschland. Viele meiner deutschen Freunde neigen zu extremem Pessimismus... Niedergeschlagenheit, Zynismus, Verzweiflung..."
Jeremy Rifkin, USA




Bescheidenheit, Effektivität, Ordnung, Kompetenz, Zuverlässigkeit, Struktur, Ordnung, Behörden.... Deutschland könnte das Gewissen der Welt sein: Hilfe für arme Länder, Friedenssicherung, Umwelttechnologie, freiheitliche Politik, Toleranz ...
Simon Aholt, GB




Aber als der Irakkrieg beginnen sollte,... da haben die Deutschen sich stur dagegen gestellt....Deutschland war beispielgebend für ganz Europa. Deutschland war erstmals eine Macht des Friedens...
Galsan Tschinag, Mongolei




...Es sollte dezentralisiert bleiben. abgesehen von der Zeit des Dritten Reiches hat Deutschland im 20. Jahrhundert den Vorteil gehabt, dass es dezentralisiert war. Im 18. Jahrhundert war es ein Vorteil für Frankreich oder England, zentralisiert zu sein. In modernen Zeiten ist es umgekehrt...
Avi Primor, Israel




...Es ist gut, wenn ein Land wie Deutschland an vorderster Front mit dabei ist, der sich entwickelnden Welt zu helfen... Deutschland hat in der Vergangenheit Großes geleistet. Es hat auch Fehler gemacht, aber jeder macht Fehler. Deutschland hat...heute allen Grund sehr, sehr stolz zu sein. Deutschland kann viele andere Länder inspirieren,,,
Wangari Maathai, Kenia

Mittwoch, 3. August 2011

Die Bildung brüderlicher Gemeinschaften

Es ist für mich eine der größten Lebenssorgen, dass es mit dem, was in der Überschrift angesprochen wird, in unserem Zeitalter kaum Fortschritte gegeben hat.

In den über hundert Jahren geisteswissenschaftlicher, theosophischer und anthroposophischer Arbeit ist Gewaltiges geleistet worden. Auf den praktischen Lebensgebieten von Pädagogik, Landwirtschaft oder Medizin wurden unzählige Einrichtungen begründet. Allerorten arbeiten Menschen in Gruppen zusammen und bemühen sich um ihren geistigen Fortschritt. Das veröffentlichte Schriftgut ist so umfangreich, dass es kaum ein einzelnes Bewusstsein mehr umschließen kann.

 Immer wieder wurden und werden auch Versuche unternommen, dass in Gruppen und Gemeinschaften das Prinzip der Brüderlichkeit praktisch zum Tragen kommt. Oft scheitern diese Bestrebungen. Wir erleben nach wie vor eine gewisse Dominanz des Individualistischen gegenüber dem Prinzip des Gemeinschaftlichen. Oft täuscht auch das scheinbare Funktionieren einer Gemeinschaft darüber hinweg, dass es doch immer wieder einzelne, führende Menschen sind, die einer Gemeinschaft das Gepräge geben und sie als Form bewahren.

Im Grunde ist noch immer die Dimension der Brüderlichkeit als Teil der geistigen Arbeit nicht so ausreichend erfüllt, dass sie auf breiter Ebene zur Bildung stabiler brüderlicher Gemeinschaften führt. Man hat den Eindruck, dass die Kräfte, die aus der Welt heranbranden, den Individualitäten das selbstlose Aufgehen im Gemeinschaftlichen schwer macht. Denn ein gewisses Maß an Selbstlosigkeit ist eine Grundbedingung für das Gelingen einer Gemeinschaft. Außerdem leben hartnäckig viele Urteile, was z.B. den Wert der eigenen Meinung, die Bedeutung von Kritik oder den Umgang mit dem Gegner angeht, auch in den Seelen vieler geistig strebender Menschen. Auch das erschwert eine wahre Gemeinschaftsbildung.

Im Jahre 1905 hält Rudolf Steiner einen Vortrag über die Brüderlichkeit und das Bilden von Bruderschaften (GA 54, alle folgenden Zitate stammen aus dem Vortrag VIII. Bruderschaft und Daseinskampf, Berlin, 23. November 1905 ab Seite 179).

 „Der geisteswissenschaftlich Strebende ist überzeugt, und nicht nur überzeugt, sondern sich ganz klar darüber, dass die tiefe Erkenntnis, die Erkenntnis der geistigen Welt, wenn sie wahrhaft und wirklich den Menschen ergreift, zur Bruderschaft führen muss, dass die edelste Frucht tiefer, innerster Erkenntnis eben diese Bruderschaft ist.“


Rudolf Steiner stellt in diesem Vortrag das Prinzip der Brüderlichkeit dem darwinistischen Dogma vom „Kampf ums Dasein“ und dem Prinzip der Konkurrenz gegnüber.

 „Es wird gerade in gewissen Kreisen immer wieder und wieder auf die fortschrittlich wirkende Kraft des Kampfes hingewiesen, und wie oft können wir es heute noch hören, dass des Menschen Kräfte wachsen am Widerstand, dass der Mensch stark wird an Willen und intellektueller Initiative dadurch, dass er seine Kräfte an dem Gegner messen muss.“

Rudolf Steiner weist dann darauf hin, wie es in unserer mitteleuropäischen Geschichte immer wieder brüderliche Organisationsformen waren, die den eigentlichen Kulturfortschritt bewirkt haben:

„Wir finden dieses Prinzip der Bruderschaft vor allen Dingen in der Art und Weise ausgebildet, wie in den Zeiten vor und nach der Völkerwanderung der Besitz geregelt war. In ausgedehntestem Maße gab es da einen Gemeinbesitz an Grund und Boden. Die Dorfmark,in welcher die Menschen beisammen wohnten, hatte einen gemeinsamen Grundbesitz, und mit Ausnahme des wenigen, was unmittelbar zum Hausgebrauch gehört, mit Ausnahme der Werkzeuge, vielleicht auch eines Gartens, war alles, was Besitz war, gemeinschaftlich. Von Zeit zu Zeit wurde der Grund und Boden von neuem wieder unter den Menschen aufgeteilt, und es zeigte sich, dass diese Stämme dadurch stark geworden waren, dass sie die Bruderschaft in Bezug auf materielle Güter bis zu einer außerordentlichen Höhe getrieben hatten.“


Dann etwas später:


„Wenn wir einige Jahrhunderte weitergehen, finden wir, dass dieses Prinzip uns in außerordentlich fruchtbringender Weise entgegentritt. Das Prinzip der Bruderschaft, wie es ausgeprägt ist in der alten Dorfmark, in den alten Zuständen, wo die Menschen ihre Freiheit im brüderlichen Zusammenleben fanden, drückte sich besonders charakteristisch darin aus, dass man so weit ging, das, was der einzelne besaß, bei seinem Tode auf seinem Grunde zu verbrennen, weil man nichts, was einem einzelnen als Einzelbesitz gehörte, nach dem Tode desselben besitzen wollte. Als mit diesem Prinzip gebrochen worden war infolge verschiedener Verhältnisse, namentlich weil einzelne sich Großgrundbesitz angeeignet hatten und die Menschen in der umliegenden Gegend dadurch zur Leibeigenschaft und zu Frondiensten gezwungen waren, da machte sich das Prinzip der Bruderschaft in einer andern, leuchtenden Weise geltend.“


 Es folgte historisch die Bildung von Handwerker-Gilden:

„Diejenigen, welche gemeinschaftliche, gleichartige Beschäftigungen hatten, schlossen sich zu Vereinigungen zusammen, die man Schwurbruderschaften nannte und die später zu den Gilden auswuchsen. Diese Schwurbruderschaften waren weit mehr als bloße Vereinigungen der gewerblichen oder handeltreibenden Menschen. Sie entwickelten sich aus dem praktischen Leben heraus zu einer moralischen Höhe. Das gegenseitige Sich-Beistehen, die gegenseitige Hilfeleistung war in hohem Maße bei diesen Bruderschaften ausgebildet, und viele Dinge, um die sich heute fast niemand mehr kümmert, waren Gegenstand solchen Beistandes. So leisteten sich zum Beispiel die Angehörigen einer solchen Bruderschaft in der Weise Hilfe, dass sie sich in Krankheitsfällen unterstützten. Es wurden von Tag zu Tag zwei Brüder bestimmt, die am Bette eines kranken Bruders Wache halten mussten. Es wurden die Kranken mit Nahrungsmitteln unterstützt, ja es wurde selbst über den Tod hinaus brüderlich gedacht, indem es als ganz besonders ehrenvoll galt, den zur Bruderschaft Gehörigen in entsprechender Weise zu begraben. Endlich gehörte es auch zur Ehre der Schwurbruderschaft, die Witwen und Waisen zu versorgen. Daraus sehen Sie, wie ein Verständnis für die Moral im Gemeinschaftsleben erwuchs, wie sich diese Moral auf dem Grunde eines Bewußtseins bildete, von dem sich der heutige Mensch schwer eine Vorstellung machen kann. Glauben Sie nicht, dass hier in irgendeiner Weise die gegenwärtigen Verhältnisse getadelt werden sollen. Sie sind notwendig geworden, so wie es auch nötig gewesen ist, dass die mittelalterlichen Verhältnisse in ihrer Art zum Ausdrucke gekommen sind. Verstehen müssen wir nur, dass es auch andere Phasen der Entwickelung gab als die heutige.“


Er schildert dann den menschlichen Organismus, wo die Abermillionen Zellen alle in sinnvoller Weise zusammen arbeiten. Das höhere Wesen der menschlichen Seele findet in diesem Zusammenwirken seinen Ausdruck. Wenn nun einige Menschen zusammenkommen, so können sie auch eine Gemeinschaft bilden, in der ein Höheres seinen Ausdruck finden kann:

„Aber niemals könnte die menschliche Seele hier auf Erden wirken, wenn nicht diese Millionen kleiner Wesen ihre Selbstheit aufgeben und sich in den Dienst des großen, gemeinsamen Wesens stellen würden, das wir als die Seele bezeichnen.“

Fünf Menschen, die zusammen sind, harmonisch miteinander denken und fühlen, sind mehr als 1 + 1 + 1 + 1 + 1 sie sind nicht bloß die Summe aus den fünf, ebensowenig wie unser Körper die Summe aus den fünf Sinnen ist, sondern das Zusammenleben, das Ineinanderleben der Menschen bedeutet etwas ganz Ähnliches, wie das Ineinanderleben der Zellen des menschlichen Körpers. Eine neue, höhere Wesenheit ist mitten unter den fünfen, ja schon unter zweien oder dreien. «Wo zwei oder drei in meinem Namen vereinigt sind, da bin ich mitten unter ihnen.» Es ist nicht der eine und der andere und der dritte, sondern etwas ganz Neues, was durch die Vereinigung` entsteht. Aber es entsteht nur, wenn der einzelne in dem andern lebt, wenn der einzelne seine Kraft nicht bloß aus sich selbst, sondern auch aus den andern schöpft. Das kann aber nur geschehen, wenn er selbstlos in dem andern lebt.“


 Damit sich eine solche brüderliche Gemeinschaft bilden kann sind verschiedene Voraussetzungen nötig:

 1. Der Gegner wird nicht mehr bekämpft, man tritt nur positiv für das eigene Ideal ein.
„Es möchte wohl ein jeder gerne wissen, wie man Daseinskampf und Bruderliebe miteinander vereinigt. Das ist sehr einfach. Wir müssen lernen, den Kampf durch positive Arbeit zu ersetzen, den Kampf, den Krieg zu ersetzen durch das Ideal. Man versteht heute nur noch zu wenig, was das heißt. Man weiß nicht, von welchem Kampf man spricht, denn man spricht im Leben überhaupt nur noch von Kämpfen. Da haben wir den sozialen Kampf, den Kampf um den Frieden, den Kampf um die Emanzipation der Frau, den Kampf um Grund und Boden und so weiter, überall, wohin wir blicken, sehen wir Kampf.
Die geisteswissenschaftliche Weltanschauung strebt nun dahin, an die Stelle dieses Kampfes die positive Arbeit zu setzen. Derjenige, der sich eingelebt hatte in diese Weltanschauung, der weiß, dass das Kämpfen auf keinem Gebiete des Lebens zu einem wirklichen Resultate führt. Suchen Sie das, was sich in Ihrer Erfahrung und vor Ihrer Erkenntnis als das Richtige erweist, in das Leben einzuführen, es geltend zu machen, ohne den Gegner zu bekämpfen.“

2.Man macht sich zum Diener der Mitglieder der Gemeinschaft

„Derjenige wirkt am besten, der nicht seine Meinung durchsetzen will, sondern das, was er seinen Mitbrüdern an den Augen ansieht; der in den Gedanken und Gefühlen der Mitmenschen forscht und sich zu deren Diener macht. Der wirkt am besten innerhalb dieses Kreises,..der die eigene Meinung (zurückzustellen kann).... Wenn wir in dieser Weise zu verstehen suchen, dass unsere besten Kräfte aus der Vereinigung entspringen und dass die Vereinigung nicht bloß als abstrakter Grundsatz festzuhalten, sondern vor allen Dingen in theosophischer Weise bei jedem Handgriffe, in jedem Augenblicke des Lebens zu betätigen ist, dann werden wir vorwärtskommen. Wir dürfen nur keine Ungeduld haben in diesem Vorwärtskommen.“

3.Man hört einander zu

 „Unterdrücken müssen wir also unsere Meinung, um den andern ganz zu hören, nicht bloß das Wort, sondern sogar das Gefühl, auch dann, wenn sich in uns das Gefühl regen sollte, dass es falsch ist, was der andere sagt. Es ist viel kraftvoller, zuhören zu können, solange der andere spricht, als ihm in die Rede zu fallen. Das gibt ein ganz anderes gegenseitiges Verständnis. Sie fühlen dann, wie wenn die Seele des andern Sie durchwärmte, durchleuchtete, wenn Sie ihr in dieser Weise mit absoluter Toleranz entgegentreten. Nicht bloß Freiheit der Person sollen wir gewähren, sondern völlige Freiheit, ja sogar die Freiheit der fremden Meinung sollen wir schätzen."


 4.Wir üben, uns Gedanken der Freundschaft und Liebe zuzusenden:

„Jeder mag sich darin ausbilden, wenn er Zeit dazu findet, seinen Lieben Gedanken der Liebe und Freundschaft zuzusenden. Der Mensch hält das gewöhnlich für etwas Bedeutungsloses. Aber wenn Sie einmal dahin gelangen, einzusehen, dass der Gedanke ebenso gut eine Kraft ist wie die elektrische Welle, die von einem Apparat ausgeht und zum Empfangsapparat überströmt, dann werden Sie auch das Bruderschaftsprinzip besser verstehen, dann wird allmählich das gemeinschaftliche Bewusstsein deutlicher, dann wird es praktisch.“




„Von diesem Gesichtspunkt aus können wir uns klar darüber werden, wie die geisteswissenschaftliche Weltanschauung den Daseinskampf und das Bruderschaftsverhältnis auffasst. Wir wissen ganz genau, dass mancher, der an diesen oder jenen Platz im Leben gestellt ist, einfach unterginge, wenn er nicht mit den Wölfen heulen würde, wenn er diesen Daseinskampf nicht ebenso grausam führen würde wie viele andere. Für denjenigen, der materialistisch denkt, gibt es fast kein Entrinnen aus diesem Daseinskampf. Wir sollen zwar an dem Platze unsere Pflicht tun, an den uns das Karma hingestellt hat. Wir tun aber das Richtige, wenn wir uns klar sind, daß wir viel mehr leisten würden, wenn wir darauf verzichteten, in der unmittelbaren Gegenwart die Erfolge zu sehen, die wir erreichen wollen. Bringen Sie es übers Herz, wenn Sie vielleicht mit blutender Seele im Daseinskampfe stehen, demjenigen, dem Sie wehe getan haben im Daseinskampfe, in liebevoller Gesinnung von Seele zu Seele Ihre Gedanken zuströmen zu lassen, dann werden Sie als Materialist vielleicht denken, Sie haben nichts getan. Nach diesen Auseinandersetzungen aber werden Sie einsehen, dass dies später seine Wirkung haben muss, denn nichts, das wissen wir, ist verloren, was im Geistigen vorgeht.
So können wir manchmal mit zagender Seele, mit Wehmut im Herzen den Daseinskampf aufnehmen und durch unsere Mitarbeit denselben umwandeln. So in diesem Daseinskampfe arbeiten, heißt in praktischer Beziehung den Daseinskampf ändern. Nicht von heute auf morgen ist das möglich, aber daß wir es können, ist außer allem Zweifel. Wenn wir an der eigenen Seele im Sinne der Bruderliebe arbeiten, dann nützen wir dadurch, daß wir uns nützen, am meisten der Menschheit, denn wahr ist es, dass unsere Fähigkeiten entwurzelt sind wie eine aus dem Boden gerissene Pflanze, wenn wir im selbstischen Sondersein verharren. So wenig ein Auge noch ein Auge ist, wenn es aus dem Kopfe gerissen wird, so wenig ist eine menschliche Seele noch eine Menschenseele, wenn sie sich von der menschlichen Gemeinschaft trennt. Und Sie werden sehen, dass wir unsere Talente dann am besten ausbilden, wenn wir in brüderlicher Gemeinschaft leben, dass wir am intensivsten leben, wenn wir im Ganzen wurzeln. Freilich müssen wir abwarten, bis das, was Wurzel schlägt im Ganzen, durch stille Einkehr in sich selbst zur Frucht reift.“



„Geben wir uns in der Bruderschaft auf, so ist dieses Aufgeben, dieses Aufgehen in der Gesamtheit eine Stählung, eine Kräftigung unserer Organe. Wenn wir dann als Mitglied einer solchen Gemeinschaft handeln oder reden, so handelt oder redet in uns nicht die einzelne Seele, sondern der Geist der Gemeinschaft. Das ist das Geheimnis des Fortschritts der zukünftigen Menschheit, aus Gemeinschaften heraus zu wirken.“


 Beginnen wir solche Brüderlichkeit zu üben und neue Gemeinschaften mit einem Menschen, mit zweien, mit dreien oder mit mehreren Menschen zu bilden!

Dienstag, 2. August 2011

Bayern: Der 1. deutsche Kornkreis in 2011

Es handelte sich nicht um die erste Kornkreismeldung in diesem Jahr aus Deutschland, aber es sind die ersten uns bekannten Luftaufnahmen. Viele deutsche Kornkreisfreunde haben sehr lange ausharren müssen, aber es gibt sie noch: “die deutschen Kornkreise”.

31.7.2010 - Oberschleißheim, Landkreis München, Bayern
Am 31. Juli 2011 entdeckte J. Weber bei einem Überflug mit einer Sportmaschine eine Kornkreisformation in einem Gerstenfeld im oberbayerischen Oberschleißheim, nahe der Olympia-Regattastrecke, nur 3 km nördlich vom Münchener Stadtrand entfernt.
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Kurioserweise wurde am 16. Juli 2010 ebenfalls eine Kornkreisformation im Nebenfeld entdeckt. Wir berichteten darüber ::mehr.

Quelle: http://www.fgk.org/?p=4424

Montag, 1. August 2011

Krankheit

„Die Zusammenarbeit mit Rudolf Steiner... hatte sie gelehrt, dass jede Krankheit als Ausgleich von Schicksalsgegebenheiten gesehen werden kann, die auf keinem anderen Wege Klärung erfahren können. ... Er nannte sie auch ..unbewusste - da am Leib sich vollziehende - Schwellen bzw. Initiationserfahrungen. Der Krankheitsbegriff wird dadurch aus der materialistischen Sinnlosigkeit eines Irrtums der Natur und der religiösen Sackgasse einer Strafe für moralische Verfehlungen erlöst und dem Kranken seine evolutive Würde auch im Zustand quälender Hilfsbedürftigkeit zurückgegeben. Kranksein wird, so verstanden, zur Seelen und Geist Erfahrung am eigenen Leib, im eigenen Schicksal...“

(Text von Michaela Glöckler über Ita Wegman; Quelle: http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=756)

Sonntag, 31. Juli 2011

Der Strom guter Gedanken

"Jeder mag sich darin ausbilden, wenn er Zeit dazu findet, seinen Lieben Gedanken der Liebe und Freundschaft zuzusenden. Der Mensch hält das gewöhnlich für etwas Bedeutungsloses. Aber wenn Sie einmal dahin gelangen, einzusehen, daß der Gedanke ebensogut eine Kraft ist wie die elektrische Welle, die von einem Apparat ausgeht und zum Empfangsapparat überströmt, dann werden Sie auch das Bruderschaftsprinzip besser verstehen, dann wird allmählich das gemeinschaftliche Bewußtsein deutlicher, dann wird es praktisch."

( GA54, S.197)
[gefunden bei Ole Blente: http://fvn-rs.net/]

Freitag, 29. Juli 2011

Am Wasserfall (Les Gorges de la Poëta Raisse)

Schäumend stürzt der Bach über die Felsenkante, tosend brodelt es unten im ausgewaschenen Becken und schon strudelt er weiter. Gegen den Sturzfall erhebt sich ein sprühendes Wesen voller Freude leicht in die Höhe, weit über die Wasser empor. Es greift hinab in die Fluten, die dem Tal entgegen eilen, und nimmt etwas leuchtend Goldfischartiges heraus und wirft es gegen den Himmel. Dort breitet es sich wie mit Flügeln aus und fliegt zur Sonnenmutter hinauf. Die nimmt es dankbar lächelnd in ihre warmen Arme. 


Das Wasserfallwesen schäumt über vor Freude und Begeisterung, es jauchzt und jubelt. Und immer wieder mit beiden Händen greift es hinab in die Fluten und wirft zur Sonne dieses Goldglänzende in die Höhe: „Hier, gute Sonnenmutter, nimm dies Gold, das aus dem Menschental zu mir herauf schwimmt in deine liebenden Arme. Es nährt dich. Dann kannst du frisch mit neuer Kraft ins Menschental hinein leuchten, den Menschen Licht und Wärme spendend.“



Doch nicht nur Goldfischartiges strömte den Sturzbach herauf in die Bergeshöhe dem Wasserfall zu. Da waren auch Dunkelfischhaftes oder Schlangen- und Froschformen. Danach griff das Wasserfallwesen nicht. Es öffneten sich die Kalkfelsen-Mäuler und verschlangen sie. 


Aus feinen Kristallen war der Kalkfelsen gewoben, klar und hart und fest. Doch je mehr er von diesem Dunklen verschlang, desto mehr verloren die Kristallstrukturen ihren Glanz. Die Kristalle wurden mürbe und bröselig. Der Fels verlor an Macht und Größe. Er rief dem Wasserfallwesen zu: „O, gib mir doch etwas von dem glänzenden Gold, damit ich nicht ganz vergehen muss.“

„Es ist zu wenig davon da, aus dem Tal steigt immer weniger zu mir empor. Es reicht kaum aus, um die Sonnenmutter zu ernähren. Kann ich sie nicht mehr ausreichend ernähren, wird sie immer blasser und dunkler und kann das Menschental nicht mehr ausreichend erleuchten. Die Menschen werden frieren. Die Frostriesen werden das Land erobern.“


Da meinte der Felsen: „Doch wenn ich vergehe, dann wird auch der Fels vergehen, der dich trägt und stützt. Kein Wasserfall kann mehr fröhlich hinab strudeln! Und du wirst dich damit auch auflösen müssen und keiner wird mehr der Sonnenmutter Goldglänzendes in die Höhe senden können.“ 

Den Wanderer, der dieses Zwiegespräch belauschte, ergriff eine dunkle Verzweiflung: „Wie soll dies weitergehen, wird es Rettung und Hilfe geben? Muss die Sonne verblassen und der Fels vergehen?“





Da fühlte er in sein Herz hinein; und er spürte sein Blut in sich mächtig brausen und fröhlich strudeln. Und er empfand seiner Knochen starke Tragekraft. Und dieses Gefühl ließ es hell und licht in seiner Seele werden; in ihm begann eine kleine Sonne zu scheinen. Und das Erspüren seiner Knochen empfand er, als würden sie dadurch härter, stärker und klarer. Er erlebte den Felsen in sich, unmürbe und unverwittert. 

Nun wusste er, wo die Rettung lag und wie es weitergehen würde. In ihm selbst würde die neue Erde entstehen.

Mittwoch, 27. Juli 2011

Witze von Viktor E.Frankl

- dem Begründer der Logotherapie (Sinn-Therapie)

"Ein SS-Mann sitzt in der Eisenbahn einem Juden gegenüber. Der packt einen Hering aus und verzehrt ihn, aber den Kopf packt er wieder ein und steckt ihn ein.
"Wozu machen Sie das?", will der SS-Mann wissen.
"Im Kopf ist das Gehirn und das bringe ich meinen Kindern, denn wenn sie das essen, dann werden sie gescheit."
"Können Sie mir den Kopf von dem Hering nicht verkaufen?"
"Warum nicht?"
"Was kostet der?"
"Eine Mark."
"Da haben Sie eine Mark", und der SS-Mann isst den Kopf auf.
Fünf Minuten später beginnt er zu toben: "Sie Saujud, Sie, der ganze Hering kostet 10 Pfennig und Sie verkaufen mir den Kopf für eine Mark!"
Daraufhin der Jude ganz ruhig: "Sehen Sie, er beginnt schon zu wirken."

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Die Ursachen muss man bekämpfen, nicht die Folgen:

In der Sommerfrische wird ein Mann jeden Morgen von einem Hahn geweckt, der nur allzu zeitig zu krähen beginnt. Woraufhin der Sommerfrischler in eine Apotheke geht, sich ein Schlafmittel geben lässt und es dann dem Hahn ins Futter mischt.

Mittwoch, 20. Juli 2011

Von der Wahrheit und dem Brunnen des Lebens

Visionen des Nikolaus von Flüe

Niklaus von Flüe, 1417 bis 1487, Eremit und "Friedensstifter" auf der Tagsatzung in Stans

"Und es erschien eine große Menge von Leuten und hinter den Leuten erschien die Wahrheit, und alle hatten ihr Antlitz von der Wahrheit abgewendet. Und bei allen erschien am Herzen ein großes Gebrechen, es sah aus wie zwei zusammengeballte Fäuste. Und dieses Gebrechen war der "Eigennutz", der verführt die Leute so sehr, dass sie das Antlitz der Wahrheit nicht zu ertragen vermochten, so wenig, wie ein Mensch Feuerflammen zu ertragen vermag. Und vor Angst gingen sie unruhig hin und her..."

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"Da sah er daselbst eine Menge Leute, die taten schwere Arbeit; dazu waren sie sehr arm. Und er stand und schaute ihnen zu und wunderte sich sehr, dass sie so viel Arbeit hatten und doch so arm waren.... Und er sah einen Brunnen, daraus floss dreierlei: Wein,Öl und Honig. Dieser Brunnen floss so schnell wie der Strahlenblitz und machte ein so lautes Getöse, dass der Palast laut erscholl wie ein Horn. Und er verwunderte sich sehr, da die Leute so arm waren und doch niemand hineinging, aus dem Brunnen zu schöpfen, was sie wiederum so leicht hätten tun können, da der Brunnen für alle frei war.

Und er ging zur Türe hinaus. Da sah er die Leute schwere Arbeit tun und sie waren trotzdem arm. Da beobachtete er sie, was sie täten. Da sah er, dass eíner dastand, der hatte einen Zaun aufgestellt mitten durch den Platz. In der Mitte war ein Tor, das hielt er zu mit der Hand und sprach zu den Leuten: "Ich lasse euch weder hinein noch hinaus, es sei denn, ihr zahlt mir eine Geldmünze." Er sah Musikanten, die für die Leute spielten und von ihnen Geld wollten. Er sah Schneider und Schuhmacher und allerlei Handwerksleute, die Geld haben wollten. Doch sie waren alle so arm, dass sie kaum bekamen, was sie wollten. Und er sah niemanden hineingehen, um aus dem Brunnen zu schöpfen...."

Mittwoch, 13. Juli 2011

Übergänge

Es gibt geistige Mächte, die leugnen im Erdenleben, dass der Mensch Geist und Seele besitze. Dafür bleiben ihnen nach dem Tode des Menschen auch nur die physischen Leiber. Diese zerfallen ihnen zu Asche und Erdenstaub. Sie bekommen ein Nichts.

Andere übersinnliche Mächte leugnen den physischen Leib. Sie wollen nur das Geistige. Sie verkennen, dass der Mensch sich bei der Geburt ganz mit dem Erdenleib verbindet. Der Mensch verbirgt sich darin gewissermaßen vor dem Geist. Diesen Mächten, die das Physische verleugnen, verbleibt als Herrschaftsbereich ein undifferenziertes All, ohne den  Menschen.

Im Erdenleben ist der Mensch zu physisch, im Nachtodlich-Vorgeburtlichen zu geistig. Nur in den Übergängen gibt es eine Ausgewogenheit; im Geborenwerden und im Todesvergehen. So wie bei der Morgen- und Abendröte sich die Farbe am herrlichsten offenbart. Die Farbe ist das Kind der Vermählung von Licht und Finsternis.

In allen Lebenssituationen, wo es Übergänge gibt, wo etwas stirbt oder entsteht, da sind wir der Mitte, der Ausgewogenheit, unserem wahren Menschsein am nächsten.

Im kleinen Kind oder kurz vor dem Geborenwerden des Kindes erleben wir den Geist am stärksten; beim Sterbenden oder gerade Verstorbenen erleben wir die Herrlichkeit des Leiblichen, die in der beginnenden Auflösung ihr Wunder zur Offenbarung bringt.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Spaßvogel

Hänschen Spaßvogel trifft Udo Trauerkloß:
"Was ist denn heut' mit Ihnen los?"
Sagt Trauerkloß betrübt drauf später:
"Mir lief 'ne Laus heut' über die Leber."
Drauf Hänschen, aufgelegt zum Blödeln:
"Ach, sie gehör'n wohl zu den Leberknödeln."

Dienstag, 5. Juli 2011

Polaritäten

Waches Bewusstsein und Logik

Das Eine ist die Faszination und Macht der Maschine und der Technik, die ihre Ausprägung heute besonders in der Computertechnologie u.ä. findet. Sie lässt mich nicht frei, sie ist stärker als ich. Sie bleibt außerhalb meinerselbst. Sie nimmt mich nicht auf. Sie bleibt meinem Wesen fremd. Sie wirkt von außen auf mich.
Sie ist die notwendige Folge eines überstark erwachten Bewusstseins und einer mathematischen Logik, die alles durchdringt.





Schlaf und Kraft

Das Andere ist die Sehnsucht nach Natur, nach dem Fremden und Unbekannten, nach dem, worin noch etwas aus alten, vergangenen Zeiten lebt.
Man sucht etwas, wo die Träume oder der Schlaf der Welt noch zu finden sind. Hier empfindet man einen Zufluss an Kraft. Diese Kraft strömt von außen zu mir.
Hier fühle ich mich wie in den warmen Mutterschoß der Natur aufgenommen. Ich kann mich verbinden. Aber ich kann es nur schwer gedanklich erfassen. Ich stehe vor Wundern.
Ich erlebe aber auch, dass ich kein Naturmensch mehr bin und sein kann. Meine wahre Heimat ist die Natur nicht mehr. Nur das Tier ist voll mit seiner Naturumgebung verbunden.
Und je stärker und ursprünglicher das Naturhafte wirkt, desto mehr drängt es mich in eine Art bewusstseinsmäßigen Schlafzustand.

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Die Mitte

Der Mensch pendelt unruhig zwischen diesen Polen hin und her. Er lebt in Spannung zwischen diesen Extremen. Er kann Sinn und Frieden nicht finden. Er kann die beiden Pole nicht zusammenführen. Er fühlt sich zerrissen.
Der Mensch kann sich als Mensch nur in etwas Mittlerem beheimatet fühlen. In dieser Mitte müssen die Kräfte, die hinter der Natur und hinter der Technik stehen, ihren Ausgleich finden. Es müssen das wache Bewusstsein und die naturhafte Kraft sich vereinigen können.

Diese mittlere Qualität findet der Mensch in der geistigen Aktivität. Wobei schon in dem Begriff "geistige Aktivität" die Polarität zum Ausdruck und zugleich auch zum Ausgleich kommt: "geistig" weist auf das Bewusstsein hin; "Aktivität" auf den Kraftanteil.
Und noch gesteigerter erlebt der Mensch die Mitte in der Bemühung um eine vertiefte Meditation bei wachem Bewusstsein.





Kraft und Weisheit im Inneren

Was mir vorher die Natur und das ihr noch Verwandte als Kraft zuströmen ließen, strömt mir nun als Kraft durch meine eigene innere Aktivität zu.
Die Bewusstseinsklarheit und Faszination, die früher über die Technik wie eine Macht auf mich wirkte, finde ich wieder im erkenntnismäßigen Erleben der Weisheit, die alles Sein wie ein helles Licht durchströmt. Ich erschaffe diese Weisheit durch Erkenntnis in mir selbst.
Die Kräfte, die früher von außen mein Leben bestimmten, quellen in neuer und verwandelter Weise mir nun von innen zu.
Es hat sich umgestülpt.

Montag, 13. Juni 2011

1. Paragraph für die Arbeit in Gemeinschaften:

"Jeder erzieht sich selbst. Niemand einen anderen."

(nach Bodack)

Mancher setzt sich in die Phrase wie in einen bequemen Polstersessel.

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-Die Schule des Kindes ist die Freude.
Die Schule des Erwachsenen das Leid.

Der Friede ist nicht in der Welt, sondern in der Menschenseele verloren gegangen.

Im Bauen hebt der Mensch Irdisches zum Himmel empor.

bauen-mit-holz

Sprachgenius

KRI   eg        eine Weltkrankheit
KRI   se        eine Seelenkrankheit
KRI   tik        eine geistige Krankheit


------------------------------------
KRI   stus      das Heilmittel

Text

Ein Text ist etwas Totes, das in uns auferstehen will.

Geisteswege




Im Geistigen kann man Wege immer nur in einer Richtung beschreiten. Umkehr ist nicht möglich.

Kehrt man um oder schreitet man rückwärts, fällt man aus dem Geistigen heraus.








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Vom Unkraut unter dem Weizen

Darüber kann man viel nachdenken:

"Und Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte. Während nun die Leute schliefen, kam sein Feind, säte Unkraut unter den Weizen und ging wieder weg. Als die Saat aufging und sich die Ähren bildeten, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da gingen die Knechte zu dem Gutsherrn und sagten: Herr, hast du nicht guten Samen auf deinen Acker gesät? Woher kommt dann das Unkraut? Er antwortete: Das hat ein Feind von mir getan. Da sagten die Knechte zu ihm: Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Lasst beides wachsen bis zur Ernte. Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune. (Mt. 13,24-30)"



Leib und Seele

Wer käme auf die Idee, dass das Telefon spräche!
Weiß man doch, dass dahinter ein menschliches Wesen steht.

Wer käme auf die Idee, dass ein physischer Leib sprechen könne?
Das kann nur die menschliche Seele.

"Die Mühseligen und Beladenen"

Die Pioniere zukünftiger Kultur erscheinen in der heutigen Kultur immer wie die Armen, die Bettler, die Kranken.

Solche sammelte auch schon der Christus Jesus um sich.
Wie es im Gleichnis heißt: Viele waren zum Festmahl geladen. Das waren die Repräsentanten der damaligen Kultur.  Doch sie wollten nicht kommen. Wichtige Geschäfte hielten sie ab! Keine Zeit!
Da ließ er die Mühseligen und Beladenen, die Armen, Bettler und Kranken kommen, die kamen wirklich.

Das sind alle die, die nicht ihren Platz in der herrschenden Kultur haben, sie werden die zukünftige hervorbringen. Reich kann nur der werden, der sich mit der herrschenden Kultur verbindet.

Ora et labora

Das könnte heute bedeuten:
       Durchdringe die Arbeit mit Geist.
       Intensiviere das Gebet zur Arbeit.

Das Leben nimmt nichts, es gibt nur.

Der Mensch aber gebe mehr, als dass er nähme.
Der Drache ist das Nichts!
Sende ich Licht in dieses Nichts, erscheint an seiner Stelle ein Engel.

St. Georg und der Drache (Truhenbild?)
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Natur ist Gestalt gewordene Ideenwelt.

Umweltschutz geht nur durch ein begeistertes Leben in der Ideenwelt.





Wir sind selber zur Mysterienstätte geworden.

Sonntag, 12. Juni 2011

Der Kuckuck - Bild der menschlichen Individualität

"Alles Vergängliche, Ist nur ein Gleichnis..."

Sicher hat das Phänomen Kuckuck schon viele Menschen so bewegt, wie mich. Wie kann es die Natur zulassen, dass ein Wesen seine Eier in fremde Nester legt, dass das geschlüpfte Kuckuckskücken die kleinen rechtmäßig, im Erbstrom des eigentlichen Vogelpaares geborenen Jungen schließlich aus dem Nest wirft, tötet, ermordet, um selber Raum für seine eigene Existenz zu haben. Es macht sich breit und die armen Eltern müssen es füttern und füttern; das Kuckucksjunge wächst Ihnen über den Kopf. Es ist ihnen ganz fremd, es fliegt schließlich ohne Dank davon.



Ist das die Moral der Natur? Irgendwie hat mich das immer bewegt.

Doch die Natur kennt keine Moral. Sie ist immer gut und böse zugleich. In ihr hebt sich alles auf. Der Mensch mag es auslegen, wie er will. Sie erstrebt auch keine moralischen Ziele. Es führt immer in die Irre, wenn man menschliche Moralvorstellungen auf die Natur überträgt.

Alle Vorgänge in der Natur sind Bilder, sind Gleichnisse, die irgendetwas mit dem Menschen zu tun haben.

Wenn ein Kind geboren wird, dann erbt es seinen Leib von seinen Eltern. Im ersten Jahrsiebt, macht es nun diesen Leib zu seinem eigenen. Es wirft gewissermaßen die gesamte Erbsubstanz der Eltern hinaus. Wirksam ist nun das eigene Ich, es baut an seinem neuen Leib. Dieses Kinder-Ich, es ist den Eltern fremd. Es hat eine ganz andere Abstammung. Es kommt von weit her, es kommt aus der geistigen Welt. Dieses Ich hat mit dem leiblichen Vererbungsstrom nichts zu tun. Und dennoch fördern, ernähren, pflegen die Eltern in ihrer unermesslichen Liebe dieses Wesen, das ihnen in Wahrheit fremd ist, das ihnen dann einst über den Kopf wachsen wird, das sie verlassen wird. 
So muss es sein. Das ist Ausdruck unserer heutigen Zeit. Man darf nicht im Vererbungsstrom verhaftet bleiben. Es ist der Weg in die Freiheit.

Kuckuck mit Teichrohrsänger
Das Leben des Kuckuck ist dafür ein geistige Bild. 
Man lausche auf den sonderbaren Ruf des Kuckucks. Was drückt er aus, was will er sagen, wenn er so von weither ruft, ohne dass man ihn sieht? Und man spürt ganz deutlich, das ist kein normaler Vogelton, kein Zwitschern oder Singen, es ist eine Sprache, eben ein richtiger Ruf, ein Appell für den Menschen.

Man stelle sich ein kleines Kind vor, das sich versteckt und dann aus seinem Versteck heraus, dem Suchenden zuruft, Kuckuck, hier bin ich, suche mich. So ruft uns die Kindesseele immer zu: Ich bin ein Ich, du kennst mich noch nicht, ich bin versteckt, aber ich bin doch schon ganz da. Erwachsener, suche mich, erkenne mich!


Dazu fiel mir dieser wunderbare Text von Khalil Gibran ein:

„Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben, aber nicht ihren Seelen,
Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, 
das ihr nicht besuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein, aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben läuft nicht rückwärts, noch verweilt es im Gestern....

Khalil Gibran, arabischer Dichter, 1883-1931“ 

Wie kam ich zu diesem Wahrbild des Kuckucks? Vor kurzem hielt ich einen Seminarkurs in einem Waldorflehrerseminar und versuchte den Seminaristen das Leib-Umwandlungs-Phänomen des ersten Jahrsiebts recht deutlich und lebendig darzustellen. Am nächsten Morgen, bevor der Kurs weiterging, machte ich noch einen Spaziergang in einem Naturpark, wo der Kuckuck besonders laut und eindringlich rief. Da wurde mir klar, was er mir sagen wollte.

Heute morgen traf ich bei meiner Pfingstmorgenrunde eine Mutter, wir unterhielten uns, und wieder waren da die appellierenden Kuckuckusrufe. Sie meinte dann, dass dieses Jahr die Kuckucksrufe besonders eindringlich seien.

Es ist eine wichtige Mahnung für uns alle in diesem Jahr, das schon so viele dramatische Weltereignisse mit sich brachte: Menschheit erkenne endlich das Wesen des Ich, besonders wie es sich im Kind immer neu, herrlich  und individuell offenbart. Wird es erkannt, wird es zur Rettung der Welt und der Menschheit seinen Beitrag leisten können!




Pfingsten

Verweis auf einen Beitrag von Michael Eggert:

http://egoistenblog.blogspot.com/2011/06/pfingsten.html?showComment=1307862646179#c3765468736236362612

Freitag, 3. Juni 2011

Asiens Weisheit und Merkels Besuch

Asien ist der Kontinent der Weisheit, Amerika der Kontinent des Handelns und Wirtschaftens, Europa repräsentiert die Mitte des Menschen.
Wenn Politiker in die jeweilige Weltregion fahren, sollten sie Verständnis für die Grundstimmung der dortigen Menschen zeigen. In Asien sollte man sich vor der Weisheit, deren Träger gewöhnlich die älteren Menschen sind, innerlich und äußerlich verneigen. Kritik empfindet ein asiatischer, älterer Mensch  als eine tiefe Beleidigung und Verletzung seiner Persönlichkeit. Aber er würde dies nie zeigen. (Deshalb auch der exzessive Einsatz von Kritik und Selbstkritik durch die kommunistische Partei z.B. Chinas, um die Persönlichkeiten der Menschen gründlich zu vernichten) :



Dazu Auszüge aus einem Artikel der FAZ vom 3.Juni 2011:

Merkel in Indien und Singapur


Die Bundeskanzlerin und der Premierminister von Singapur, Lee Hsien Loong

Manche Mitglieder der deutschen Delegation bewahrten sich den Blick fürs Kuriose, etwa für das höfische Zeremoniell in Delhi oder den blauen Turban des Regierungschefs mit dem darauf thronenden Kopfhörer für die Simultanübersetzung. Die Bundeskanzlerin hingegen zeigte sich schlicht ergriffen vom indischen Ministerpräsidenten. Manmohan Singh, so schwärmte sie, sei lebenserfahren und tolerant, gehe ruhig an die Dinge heran und habe ein großes Verständnis von der Welt: „Ich denke dreimal nach, bevor ich einen Gedanken von ihm verwerfe.“

Angela Merkel ist nicht als Lehrmeisterin nach Asien gereist. Sie kam als Zuhörerin. Die deutschen Sorgen schienen zu schrumpfen, als die Kanzlerin am Mittwoch mit den Herausforderungen Indiens konfrontiert wurde. Fünfhundert Millionen junge Inder sollen in den nächsten Jahren für den Arbeitsmarkt qualifiziert werden, ließ sie sich von Singh erklären. Dagegen nimmt sich ein Problem wie die deutsche Sockelarbeitslosigkeit wie eine Bagatelle aus. „Respekt“ vor den indischen Anstrengungen forderte Frau Merkel und bezeichnete es als unangebracht, ihre asiatischen Gastgeber mit deutschen Kleinigkeiten zu behelligen. Letztere Bemerkung war auch an mitreisende Hauptstadtjournalisten gerichtet, die wiederholt wissen wollten, wie die ausländischen Regierungschefs auf den in Deutschland gerade beschlossenen Atomausstieg reagierten.

Das Missionieren lag der Kanzlerin in Asien fern. Dass Indien auf seinem Entwicklungsweg auf den forcierten Ausbau der Atomkraft setze, „haben wir nicht zu kritisieren“, beschied sie. ...Angela Merkel folgte ihrem Sinn für Proportionen und wollte die ungleiche Partnerschaft zwischen den 80 Millionen Deutschen und den 1,2 Milliarden Indern nicht mit moralischen Überheblichkeiten belasten.
...
In Singapur erwartete sie - neben dem Regierungschef - abermals ein alter weiser Mann, dem sie vor allem Fragen stellte: Lee Kuan Yew, der Staatsgründer Singapurs und Vater des amtierenden Premierministers. Wieder war die Kanzlerin beeindruckt von Scharfsinn und Weltsicht des Greises, diesmal allerdings mit den gebotenen Abstrichen demokratischer Gesinnung. ...

Öffentliche Ratschläge, gar Kritik, verkniff sich Frau Merkel auch in Singapur. ...  Auch [den indonesischen Staatspräsidenten Susilo Bambang Yudhoyono] ...schätzt Frau Merkel sehr, weshalb sie ihn im kommenden Jahr zum ersten Mal besuchen will.

Text: F.A.Z.

Samstag, 7. Mai 2011

Gewicht und Gegengewicht

Vor 150 Jahren
Das M.I.T. und Rudolf Steiner

Wenn man sich zwei Waagschalen an einer Balkenwaage vorstellt, und man legt auf die eine Schale ein Gewicht, so wird dieses durch ein Gegengewicht ins Gleichgewicht gebracht.
Auch in der Welt braucht es bei allem dieses Prinzip. Gäbe es immer nur die eine Seite der Medaille, dann würde die Welt aus dem Gleichgewicht geraten.
Der heutige Materialismus, das Finanzsystem, die Macht der Ökonomie braucht ein Gegengewicht, dieses muss spirituell-geistiger Natur sein.

Vor 150 Jahren, am 10.April 1861 wurde das M.I.T., Massachusetts Institute of Technologie, gegründet. Es ist wohl die größte intellektuelle Schmiede heutiger technischer Errungenschaften auf der Welt. Dort arbeitete Alexander Graham Bell an der Entwicklung des Telefons, Tim Berners-Lee am World Wide Web und Noam Chomsky an der modernen Linguistik. Die chemische Industrie, die Biotechnologie, die Rüstungsindustrie usw. auf der ganzen Welt sähen völlig anders aus, wenn es die Forschungen und Entwicklungen M.I.T. nicht gäbe.

Im Februar 1861 wurde Rudolf Steiner geboren, die von ihm entwickelte Geisteswissenschaft und mit ihr der Goetheanismus, stellt das notwendige Gegengewicht im Zeitenlauf dar.


Samstag, 30. April 2011

Die römische Kirche

"Packen wir es, wir sind Römer!"


Diese Worte rief der gerade seliggesprochene Papst Johannes Paul II damals den Römern zu.
In diesen Worten drücken sich tiefe Wahrheiten aus.
In der römischen Kirche lebt gewissermaßen das römische Imperium weiter. Der Papst symbolisiert nach wie vor das Kaisertum. Wie der Imperator herrschte, so herrscht der Kirchenfürst. Und es geht ihm um Herrschaft und Macht. Des Kaisers Wort war Gesetz, der Papst ist "unfehlbar"! Sein Wort ist Dogma! Die politische Herrschaft hat sich in eine geistige verwandelt.
Die Lehrmeinung der Kirche ist bindend für die Angehörigen dieser Kirche.
Zur Zeit folgen dem Papst 1,2 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt.
Man täusche sich nicht, da er seine Macht heute nicht mehr offen mit direkter Waffengewalt ausübt, dass er deshalb weniger gefährlich sei. Er übt geistige Herrschaft aus. Das wiegt schwerer, als eine weltliche Herrschaft. Das Geistige bildet die Grundlage für das Weltliche. Alle Kriege werden  ideenmäßig vorbereitet.

Aber der gute Papst hat doch gerade wieder zu Ostern mit süßen, warmen Worten die Welt aufgefordert, doch etwas friedlicher zu sein, wird mancher nun denken. Die Kirche ist doch ein Hort des Friedens.

In den arabischen Ländern schreien die Menschen gerade nach Freiheit und kämpfen für sie.
Der Papst sagt, die Menschen auf der Welt sind noch nicht reif für die moralische Freiheit. Die Kirche muss für ihre Moralität sorgen, das können sie noch nicht alleine! Dafür muss es Dogmen geben.

Dort die politische Unfreiheit.
Hier die moralische.
Bei den Römern war beides noch eines, mit einander verbunden.
Geistig die Menschen zu beherrschen, hat Dauer. Politische, weltliche Reiche gehen viel schneller unter.

Freitag, 29. April 2011

Die METHODE

"Sie begreifen nicht, mit wem Sie es zu tun haben. Man wird ihnen vorwerfen, sich gegen die Methode zu wenden."
Mia schüttelte den Kopf und richtet einen Zeigefinger auf Rosentreters Kinn. "Sie reden wie ein Sechzehnjähriger. Die METHODE, das sind wir selbst. Sie, ich alle. Die METHODE ist die Vernunft. Der gesunde Menschenverstand. Ich wende mich nicht gegen die METHODE. ..."
Juli Zeh, Corpus Delicti - S.74f


Methoden, das sind Lehrmeinungen, Religionen, Parteien, Therapierichtungen, Theorien, Corporate Identities, alle festgefügten theoretischen oder praktischen Systeme usw. Alles, was den Menschen formen, bestimmen, erklären oder beeinflussen will. Solche Systeme stellen sich über den individuellen Menschen.

Etwas anderes ist es, wenn der Mensch über der Methode steht. Die Methode muss dem Menschen dienen. Der Mensch, muss dabei die Methode individuell umformen können und dürfen. Er wird daraus dann seine eigene Methode entwickeln. Das Abweichen von der Methode, von der Theorie, von der Wissenschaft wird zur Notwendigkeit, sonst wirkt die Methode, die Partei, die Lehrmeinung  diktatorisch.

Man kann sich in einer Methode schulen lassen. Dann aber wird man sie wie ein Nahrungsmittel verdauen. Verdauung heißt Umwandlung. Man spuckt hinterher nicht das Essen wie ungegessen wieder aus, sondern es wird zur Lebenskraft. So wird man am Kennenlernen einer neuen Methode, seine Persönlichkeit entwickeln. Aber man wird nie die Methode wieder so ausspucken, wie man sie gegessen hat. Das schmeckt den anderen nämlich immer ziemlich sauer; es stinkt ein wenig, wenn man erlebt, dass der Mensch beim Darstellen oder Ausüben einer Theorie, eines Programms, einer Philosophie oder einer Methode als Persönlichkeit hinter die Sache zurücktritt.

Es gibt nur eines, was heute die Welt voranbringt, das ist - wie Juli Zeh schreibt - die Vernunft, der gesunde Menschenverstand. Der Mensch selbst muss die Methode sein. Das eigene, geistesgegenwärtige Ich.

Donnerstag, 28. April 2011

Rudolf Steiner zur Demokratie und zur Unabhängigkeit der Abgeordneten:

"Interessant ist es, wie 1910 einer den schönen Satz geschrieben hat: daß es dem GroßkapiIalismus gelungen ist, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen. Man bildet sich gewöhnlich ein, die Finanzleute seien Gegner der Demokratie - schreibt der betreffende Mann -; ein Grundirrtum. Vielmehr sind sie deren Leiter und deren bewußte Förderer. Denn diese — die Demokratie nämlich — bildet die spanische Wand, hinter welcher sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr finden sie das beste Verteidigungsmittel gegen die etwaige Em­pörung des Volkes.

Da hat einmal einer, der aufgewacht ist, gesehen, wie es nicht dar­auf ankommt, von Demokratie zu deklamieren, sondern wie es darauf ankommt, die Wirklichkeit zu durchschauen, nichts auf alle solche Schlagworte zu geben, sondern zu sehen, was wirklich ist. Heute wäre dies ganz besonders notwendig, denn man würde dann sehen, von wie wenigen Zentren aus die Ereignisse heute eigentlich gelenkt und ge­leitet werden, die so furchtbar, so blutig über die ganze Menschheit hin walten. Darauf wird man nicht kommen, wenn man immer in dem Irrwahn lebt, die Völker bekämpfen sich; wenn man sich immer ein­lullen läßt von der europäischen und amerikanischen Presse über irgend­welche Beziehungen, die in den gegenwärtigen Ereignissen zwischen den Völkern sein sollen. Das alles, was da gesagt wird über Antagonis­mus und Gegensätzlichkeiten der Völker, das ist dazu da, um über die wahren Gründe den Schleier zu breiten. Denn nicht dadurch, daß man von Worten heute zehrt, um diese Ereignisse zu erklären, kommt man zu irgendeinem Resultat, sondern dadurch, daß man auf die konkreten Persönlichkeiten hinzeigt. Das wird nur manchmal unbequem. Und derselbe Mann, der diese Sätze niedergeschrieben hat 1910, der aufge­wacht ist, der hat auch in demselben Buche eine höchst unangenehme Rechnung angestellt. Er hat nämlich eine Liste aufgestellt von fünf­undfünfzig Männern, die in Wirklichkeit Frankreich beherrschen und ausbeuten. Diese Liste gibt es in dem Buche «La Democratie et les Financiers» 1910, von Francis Delaisi, von demselben Mann, der das ja mittlerweile berühmt gewordene Buch «La Guerre qui vient» ge­schrieben hat, das letztere 1912, das Buch «La Democratie et les Finan­ciers» 1910. In diesem Buche finden Sie Sätze von fundamentaler Be­deutung. Da ist einmal ein Mensch aufgewacht gegenüber der Wirk­lichkeit. In diesem Buche «Die Demokratie und die Finanzwelt» liegen Impulse, um vieles von dem zu durchschauen, was heute durchschaut werden sollte, vieles aber auch zu zerhauen von dem, was als Nebel über die Gehirne der Menschen hin zum Fluten gebracht wird. Auch über diese Dinge muß man sich entschließen, die Wirklichkeit ins Auge zu fassen.
Natürlich ist das Buch unberücksichtigt geblieben. Aber in diesem Buche werden gewisse Fragen aufgeworfen, die heute in der ganzen Welt aufgeworfen werden sollten, weil sie manches über die Wirklichkeit lehren würden, die man so begraben will unter all den Deklamationen von Demokratie und Autokratie und was die Schlagworte alle sind. In diesem Buche finden Sie zum Beispiel auch eine sehr schöne Darstellung von der üblen Lage, in der eigentlich ein Parlamentarier ist. Nicht wahr, die Menschen glauben, so ein Parlamentarier stimmt nach seiner Überzeugung ab. Aber würde man alle die Fäden kennen, durch die ein solcher Parlamentarier zusammenhängt mit der Wirklichkeit, dann würde man erst wissen, warum er in einem Fall ja und im andern Fall nein sagt. Denn gewisse Fragen müssen aufgeworfen werden. Delaisi wirft sie auf. Zum Beispiel wirft er die Frage auf, indem er einen Parlamentarier ins Auge faßt: Auf welche Seite soll sich der arme Mann stellen? Das Volk zahlt ihm jährlich dreitausend Francs Diäten, die Aktionäre dreißigtausend Francs! - Die Frage stellen, heißt sie schon beantworten. Also der gute arme Mann bekommt vom Volk seine dreitausend Francs Diäten, von den Aktionären dreißigtausend! Nicht wahr, es ist ein sehr schöner Beweis, zeugt manchmal von großem Scharfsinn, zu sagen: Wie schön ist es doch, daß einmal in einem Parlament ein Sozialist, ein Volksmann wie Millerand einen Platz gefunden hat! Es ist etwas Großartiges, daß solche Errungenschaft möglich geworden ist. Delaisi frägt etwas anderes. Er frägt: Wie steht es mit der Unabhängigkeit eines Menschen wie Millerand, der jährlich dreißigtausend Francs als Vertreter von Versicherungsgesellschaften verdiente?

Da ist einmal einer aufgewacht; der weiß ganz gut, wie die Fäden gehen von den Taten eines solchen Mannes in die verschiedenen Versicherungsgesellschaften hinein. Aber solche Dinge, die heute im Wachzustand über die Wirklichkeit erzählt werden, die werden eben nicht berücksichtigt. Man kann natürlich sehr schön den Menschen von der Demokratie der westlichen Welten deklamieren. Wenn man ihnen aber die Wahrheit sagen wollte, müßte man ihnen sagen: Der so und so heißt, macht es so, und der so und so heißt, macht es so. — Und da rechnet Delaisi fünfundfünfzig Männer heraus, nicht eine Demokratie, sondern fünfundfünfzig bestimmte Männer, von denen er sagt, daß sie Frank­reich beherrschen und ausbeuten. Da ist man auf die realen Tatsachen gekommen, denn auch im gewöhnlichen Leben muss der Sinn erwachen für reale Tatsachen."

Freitag, 22. April 2011

VOLKSABSTIMMUNG

Eine der ersten Volksabstimmungen fand unter Pontius Pilatus statt


Was vor etwa 1978 in Jerusalem sich vor dem Palast des Pilatus abspielte, war unter anderem auch ein politischer Vorgang.
Es drückt sich darin etwas aus, was auch für unsere heutigen Politiker noch gilt: Man kann nicht frei handeln, auch nicht nach der Vernunft, sondern man unterliegt Zwängen, denen man sich kaum entgegenstellen kann.

Pilatus stellte dem Volk die Frage, wen es begnadigen würde. Es entschied sich für die Kreuzigung Christi und die Freilassung eines Mörders. Die Menge ließ sich von Emotionen leiten. Sie handelte gegen alle Vernunft. Sie verhinderte das Gute und förderte das Böse.

Diese Gefahr ist bis heute nicht beseitigt. Medien und Parteien versuchen die Emotionen der Menschen zu erreichen, anzustacheln und auszunutzen. Diese Emotionen haben wenig mit einem vernünftigen Denken oder Handeln zu tun. Diese Emotionen wehen wie ein Wind über eine ganze Nation hinweg, in alle Menschenseelen hinein. Nur einzelne Individuen können sich gegen das Emotionale stellen. Die Menge kann es nicht. Der Mensch braucht eine gewisse Stärke, um sich emotionalen Trends zu widersetzen. Wer ihnen nicht folgt, der wird verurteilt und geächtet.

Das ist der Mangel der Demokratie von heute, dass sie nach Mehrheiten entscheidet. Über Vernunft ist aber nicht mehrheitlich entscheidbar. Vernunft braucht eine besondere Weitsicht, Ausdauer, Überschau. Die hat nie die Masse, sondern die haben immer nur wenige, vorausschauende, nachdenkende Menschen. Später, nach Jahrzehnten, wenn die Wirkungen eintreten, dann werden mehr Menschen das Postitive oder Negative einer Entscheidung beurteilen können.

Erst wenn auf demokratischem Wege es gelingt, wirklich fähige, vernunft-orientierte Menschen in Fürhrungsstellungen zu bringen, dann wird auch das Politische in ein ruhigeres Fahrwasser kommen.

Unsere heutige Demokratievorstellung, auch die Forderung nach mehr Volksabstimmungen, geht davon aus, dass alle Menschen völlig selbstbewusste, selbstkritische, verantwortungsbewusste, geistig unabhhängige, nicht-autoritätsgläubige Individuen sind.  Die Veranlagung dazu ist heute in den westlichen Nationen vorhanden, aber der Lebensführung der Menschen entspricht es noch nicht. Es gibt Mainstreams denen bestimmte Bevölkerungsgruppen immer unkritisch folgen.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Über den Wolken

2. Februar 2011
Siehe Erklärung. Ein Klick auf das Bild lädt die höchstaufgelöste verfügbare Version.
Mond und Venus über der Schweiz
Credit und Bildrechte:
 David Kaplan
Beschreibung: Manchmal ist der Morgenhimmel eine Kombination aus stimmungsvoll und surreal. So könnte man den Himmel letzten Sonntag vor Sonnenaufgang beschreiben, wie er an einem verschneiten Hang im Osten der Schweiz zu sehen war. Ruhige Wolken bedecken die Szenerie, von unten her beleuchtet von den Lichtern des Dorfes Trübbach. Ein schneebedeckter Berg, der Mittlerspitz, posiert pathetisch oben links, über der kleinen, viel tiefer liegenden Stadt Balzers in Liechtenstein schwebend. Die Gipfel der Alpen sind sind weit rechts auf der anderen Seite zu sehen, knap unter der frischaufgehenden Sonne. Oben rechts sind der Sichelmond und der helle Planet Venus zu sehen. Die Venus bleibt den ganzen Monat lang am Morgenhimmel, auch wenn sie wahrscheinlich nicht in einer so fotogenen Umgebung stehen wird.

Montag, 31. Januar 2011

Wer die Wahl hat, hat die Qual...

Klarer Denken
Warum Sie nie glauben sollten, Sie könnten die perfekte Wahl treffen
Von Rolf Dobelli

Meine Schwester und ihr Mann haben eine Wohnung im Rohbau gekauft. Seither können wir nicht mehr normal miteinander plaudern. Seit zwei Monaten dreht sich alles nur noch um die Kacheln fürs Badezimmer. Keramik, Granit, Marmor, Metall, Kunststein, Holz, Glas und Laminat in allen Spielarten stehen zur Auswahl. Noch selten habe ich meine Schwester in einer solchen Qual erlebt. „Die Auswahl ist einfach zu groß!“, sagt sie, ringt die Hände und wendet sich wieder dem Katalog der Plattenmuster zu, ihrem ständigen Begleiter.

Ich habe nachgezählt und nachgefragt. Das Lebensmittelgeschäft in meiner Nachbarschaft bietet 48 Sorten Joghurt, 134 verschiedene Rotweine, 64 Arten von Reinigungsprodukten, insgesamt etwa 30 000 Artikel. Bei Amazon sind zwei Millionen Buchtitel lieferbar. Dem heutigen Menschen stehen über fünfhundert psychische Krankheitsbilder, tausend verschiedene Berufe, fünftausend Feriendestinationen und eine unendliche Vielfalt an Lebensstilen zur Verfügung. Mehr Auswahl war nie.

Als ich klein war, gab es bei uns zu Hause drei Arten von Joghurt, drei Fernsehkanäle, zwei Kirchen, zwei Sorten Käse (Tilsiter scharf oder mild), eine Sorte Fisch (Forelle) und eine Art von Telefonapparat – von der Schweizerischen Post zur Verfügung gestellt. Der schwarze Kasten mit der Wählscheibe konnte nichts anderes als telefonieren, und das reichte damals völlig. Wer heute einen Handy-Laden betritt, droht in einer Lawine an Handymodellen und Tarifvereinbarungen zu ersticken.

Und doch: Auswahl ist die Messlatte des Fortschritts. Auswahl ist, was uns von der Planwirtschaft und der Steinzeit unterscheidet. Ja: Auswahl macht glücklich. Es gibt allerdings eine Grenze, bei der zusätzliche Auswahl Lebensqualität vernichtet. Der Fachbegriff dafür lautet The Paradox of Choice. Auf Deutsch etwa: Das Auswahl-Paradox.

In seinem Buch „Anleitung zur Unzufriedenheit“ beschreibt der amerikanische Psychologe Barry Schwartz, warum das so ist. Er nennt drei Gründe. Erstens: Große Auswahl führt zu innerer Lähmung. Ein Supermarkt stellte 24 Sorten Konfitüre zum Probieren auf. Die Kunden konnten nach Belieben degustieren und die Produkte mit Rabatt kaufen. Am folgenden Tag führte der Supermarkt dasselbe Experiment mit nur sechs Sorten durch. Das Ergebnis? Es wurde zehn Mal mehr Konfitüre verkauft als am ersten Tag. Warum? Bei einem großen Angebot kann sich der Kunde nicht entscheiden, und so kauft er gar nichts. Der Versuch wurde mehrmals mit verschiedenen Produkten wiederholt, das Resultat war stets dasselbe.

Zweitens: Große Auswahl führt zu schlechteren Entscheidungen. Fragt man junge Menschen, was ihnen an einem Lebenspartner wichtig ist, zählen sie all die ehrenwerten Eigenschaften auf: Intelligenz, gute Umgangsformen, ein warmes Herz, die Fähigkeit zuzuhören, Humor und physische Attraktivität. Aber werden diese Kriterien bei der Auswahl wirklich berücksichtigt? Während früher in einem Dorf durchschnittlicher Größe für einen jungen Mann etwa zwanzig potentielle Frauen in derselben Altersklasse zur Auswahl standen, die er zumeist schon aus der Schule kannte und entsprechend einschätzen konnte, stehen heute, im Zeitalter des Online-Dating, Millionen potentieller Partnerinnen zur Verfügung. Der Auswahlstress ist so groß, dass das männliche Hirn die Komplexität auf ein einziges Kriterium schrumpft – und das ist, empirisch nachweislich, die „physische Attraktivität“.

Drittens: Große Auswahl führt zu Unzufriedenheit. Wie können Sie sicher sein, dass Sie aus zweihundert Optionen die perfekte Wahl getroffen haben? Antwort: Sie können es nicht. Je mehr Auswahl Sie haben, desto unsicherer und damit unzufriedener sind Sie nach der Wahl.

Was tun? Überlegen Sie genau, was Sie wollen, bevor Sie die bestehenden Angebote mustern. Schreiben Sie Ihre Kriterien auf, und halten Sie sich unbedingt daran. Und rechnen Sie damit, dass Sie nie die perfekte Wahl treffen. Maximieren ist – angesichts der Flut an Möglichkeiten – irrationaler Perfektionismus. Geben Sie sich mit einer „guten Lösung“ zufrieden. Ja, auch in puncto Lebenspartner. Nur das Beste ist gut genug? Im Zeitalter unbeschränkter Auswahl gilt eher das Gegenteil: „Gut genug“ ist das Beste.

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.01.2011 Seite 27