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Donnerstag, 30. September 2010

Fragen zur Literatur

In Amerika macht man sich Gedanken über die Qualität von Literatur, denen man hier z.Zt. nicht begegnet. Reicht es aus, wenn ein Autor das Leben (nur) spiegelt oder erwartet der Leser, dass der Autor die Realität, die der Leser sowieso aus seiner eigenen Erfahrung kennt,  verwandelt?
Nun wird jeder Leser, das persönlich beurteilen müssen. Der Erfolg solcher realistischen Literatur zeigt, wie anspruchslos viele Menschen sind. Vom künstlerischen Standpunkt reicht die realistische Sichtweise nicht aus. In dieser Pressemitteilung geht es um den so sehr angepriesenen neuen Roman von Franzen "Freiheit":


"The New Republic (USA), 24.09.2010

Freiheit

Ruth Franklin mochte Jonathan Franzens Roman "Freiheit" überhaupt nicht, vor allem stört sie sein Begriff von Realismus. "Ist das wirklich alles, was wir von der Kunst erwarten? Besteht Realismus nur in der Niederschrift von Realität? Noch während ich mich über die vielen Lobeshymnen wundere, die Franzens geradezu übernatürliche Gabe preisen, uns zu zeigen, wie wir tatsächlich aussehen, traf mich der Solipsismus der Formulierungen - sind wir wirklich das wichtigste und interessanteste Thema?  - und der Begrenztheit eines solchen ästhetischen Unternehmens. In 'The Mirror and the Lamp' ging der große Kritiker M. H. Abrams vor vielen Jahren einem solchen geschrumpften Ideal nach. Er behauptete, dass zu Beginn der romantischen Periode eine fundamentale ästhetische Verschiebung stattgefunden habe, als Schriftsteller und Künstler in der Kunst nicht mehr das Leben widerspiegeln, sondern es mit der eigenen Vorstellungskraft erleuchten wollten.
So gesehen ist es nicht die Aufgabe des Romans zu zeigen, wie wir leben, er soll uns vielmehr helfen herauszufinden, wie wir leben sollen - was genau die Form der Erhellung wäre, nach der so viele Charaktere in 'Freiheit' verlangen. Das ist der Punkt, an dem Franzen scheitert. Er ist ganz Spiegel, nicht Lampe."

Sonntag, 12. September 2010

Der Gedanken- und der Willens-Weg

Zum Phänomen Beuys und Schlingensief
In vielen Menschen taucht eine mehr oder weniger starke Unzufriedenheit mit dem, was er in der bestehenden physisch-sinnlichen Welt findet, auf.
Ist dieses Unbehagen besonders groß und verfügt der Mensch über ausreichend Kraft und Energie, dann sucht er entweder nach einer Überwindung dieser Unzufriedenheit in sich oder er versucht das Unvollkommene in der Welt zu überwinden.

Der Mystiker
Derjenige, der die Unzufriedenheit in sich zu überwinden versucht, kann so zum Mystiker werden oder heute würde man solche Menschen besonders auch östlichen Wegen zugeneigt finden.

Der Weg der Weisheit
Bei Menschen, denen es auch oder viel mehr um Veränderung der Welt geht, kann man solche finden, die den Weg der Anthroposophie gehen; diesen Weg kann man als den Weg des Denkens oder der Weisheit bezeichnen. Erst nach längerer Schulung in dieser Sphäre wird man beginnen, auch durch seinen Willen praktisch auf diese unvollkommene Welt verändernd einzuwirken.

Der Tatmensch
Andere Menschen wollen schneller wirksam werden: Sie gehen den Weg des Willens. Im Willen liegt eine gewaltige Kraft. Diese Kraft kann, wenn sie nicht von Weisheit geführt wird, sehr leicht auch zerstörerisch wirken. Diese Kraft führt oft auch zu „revolutionären“ Ausdrucksweisen. Solche Menschen, wollen z.B. auch die Mitmenschen aufrütteln. Sie versuchen Taten zu vollbringen, die sich gegen das Gewohnte auflehnen. Sie wollen die Menschheit aufwecken; manchmal auch durch schockierende oder provozierende Handlungen. Gelegentlich fühlen sie sich sogar zu noch extremeren Handlungen gedrängt. Sie meinen es hätte eine Berechtigung, um mehr Menschlichkeit auf der Welt zu verwirklichen, auch unmenschliche Taten zu vollbringen.
In unserer westlichen Kultur findet man solche Menschen, die einen besonders stark ausgeprägten Willensweg gehen, heute häufig im Bereich des Künstlerisch-Kulturellen. Ihnen strömt dann oft die Sympathie derer entgegen, bei denen die eigene Unzufriedenheit und Kraft nicht in so starker Weise ausgeprägt ist, sondern mehr unterschwellig wirkt. Da das heute bei sehr vielen Menschen ist, so genießen diese Willens-Menschen eine besonders große Anerkennung in weiten - besonders intellektuellen - Kreisen.
Da auch die Anthroposophie einen anderen Weg geht als die traditionelle Kultur oder die anerkannte Wissenschaft, so kann es bei diesen Persönlichkeiten, die stark durch ihre Taten wirken wollen, gelegentlich auch zu einer Annährung oder Sympathie zu dieser Form der Geisteswissenschaft kommen.
So erklärt sich ein bestimmter Aspekt des Wirkens der Persönlichkeiten von Beuys und Schlingensief. Daher die Bewunderung und Anhängerschaft gewisser Teile der Bevölkerung für ihre revolutionären, unkonventionellen, schockierenden oder aufrüttelnden Handlungen oder „Kunstwerke“.
Solche Menschen wie sie bewirken und bewirkten seit längerem den Haupttrend der heutigen Kulturproduktionen im Bereich des Theaters, der Malerei usw.

Der anthroposophische Weg
Der anthroposophische Weg versucht in seine Handlungen das Geistige einfließen zu lassen. Dazu muss er zunächst seine Persönlichkeit so umwandeln, dass er Zugang zum Geistigen findet. Das ist schwieriger und braucht eine gewisse Zeit.

Sonntag, 30. Mai 2010

MALER UND INFORMATIKER

David Gelernter

David Gelernter wird als einer der berühmtesten Computerwissenschaftler unserer Zeit betrachtet. Er habe wesentlich zur Entwicklung des WWW beigetragen. In der FAZ vom 29.Mai 2010 wird ein Interview mit ihm veröffentlicht. Dieses gibt viel tiefere Einblicke in die Wirklichkeit von Technik und Wissenschaft als alle gelehrten Bücher darüber.

Es wird von ihm bestätigt, dass der wirklich innovative Wissenschaftler Künstler sein muss. Er selber sei an erster Stelle Maler, nur an zweiter sei er Techniker. Wissenschaft muss mit der Welt in einer Beziehung stehen. Die Welt ist nicht wissenschaftlich-technisch organisiert, sondern nach Schönheit und Ästhetik. Jede Pflanze, jedes Tier ist in sich ein vollkommenes Geschöpf, welches in voller Harmonie aller seiner Teile gestaltet ist. Diese Harmonie empfinden wir als Schönheit.

Nun einige Auszüge aus dem Interview:

Ja, ich bin Maler geworden

Der Meister der Softwareentwicklung ist selbst ein Künstler: Warum es für David Gelernter keinen Unterschied zwischen Malerei und Computerwissenschaft gibt.

NEW HAVEN, 28. Mai

Erst kam die Malerei, dann der Computer. In seinen eigenen Worten hört es sich noch dramatischer an: "Ich habe gemalt, bevor ich schreiben konnte. Die Malerei ist meine erste Sprache. Sie ist mir zweite Natur. Ich habe immer in Bildern und Farben gedacht."

„Ein erfolgreicher Technologe muss die gleichen ästhetischen Fähigkeiten besitzen wie ein erfolgreicher Künstler. Das war für mich eine interessante Überraschung." Heute weiß er längst, dass Kunst und Computer mehr verbindet als unterscheidet. "Ich bin wirklich nur in der Lage, eine einzige Sache zu tun, und ich tue das immer auf dieselbe Weise. Ich denke in Bildern und über Bilder nach. Auch wenn es um Computer und Software geht."

Gelernter strebt danach, ohne Rücksicht auf konkrete Ingenieurprobleme Software auf einem Niveau zu entwickeln, das ästhetischen Maßstäben standhält. Er will sie menschlich, geistig formen. Aber auch einen Imperativ des Talmuds hat er dabei im Sinn. Er zitiert aus dem Kopf: "Die Tora zu studieren in praktischer Beschäftigung mit der Welt ist voller Schönheit." Er denkt also an Schönheit, wenn er Software entwickelt? Wie einen Blitz lässt er die Antwort einschlagen: "Yes!"

Schönheit führt zur Wahrheit

Alle ernsthaften Ingenieure, Physiker, Mathematiker, so versichert er, ließen sich von Schönheit leiten. "Schönheit bestimmt ihr Tun, sie ist der überwältigende Impuls ihres Lebens." Ergibt sich aus ihr automatisch dann das Nützliche? Wieder holt Gelernter weit aus: "So wie das Universum funktioniert, führt Schönheit zur Wahrheit, aber nicht unbedingt zur utilitaristischen. Doch dem Mathematiker, der an einem Beweis arbeitet, dem Physiker, der nach einer Welttheorie sucht, dem Softwaredesigner, der aus komplizierter Software eine einfache und elegante Version herstellen will, weist Schönheit den richtigen Weg."... (Jordan Meijas)

Freitag, 18. Dezember 2009

Georg Kreisler über heutige Künstler

Gewiss gibt es hervorragende Künstler, die hat es zu allen Zeiten gegeben, aber sie kommen kaum zu Wort. Zu Wort kommen diejenigen, die nicht Kunst produzieren, sondern ihre persönlichen Karrieren…

Diese „Künstler „ bekommen dann auch gute Kritiken, denn vom Dilettantismus verstehen die Kritiker viel…Schließlich verwahrlost das Publikum, und die Gesellschaft verroht, Anzeichen gibt es heute genug…Die Welt wird ärmer, die Künstler ziehen sich zurück, werden immer fremder, und auf allen Seiten entsteht Hass.
Aus: Georg Kreislers Autobiographie „Letzte Lieder“

Mittwoch, 16. Dezember 2009

Georg Kreisler über verbeamtete Künstler und die heutige Theater-Regie

In Amerika gibt es weniger Intrigen und Neid, da dort die Künstler nicht verbeamten…Es ist ja nicht schwer, ein Theater zu führen, solange es in den Händen der Regierung bleibt. Wotan mit Aktentasche, Romeo ist schwul, Othello findet im Boxring statt, Zauberflöte im Zirkus, Hamlet im Schwimmbad, da ist die Kunst frei, wenn auch tot, und alles sind glücklich - bis auf das Publikum….

Aus: Georg Kreislers Autobiographie „Letzte Lieder“

Sonntag, 13. Dezember 2009

"Ich vertrage nicht mehr soviel Unsinn wie früher." - Georg Kreisler

Künstler bleiben melancholisch, alle anderen heiter…Die Kunst fordert den ganzen Menschen, und ihr Lohn ist Erkenntnis und Einsamkeit…Auch Nietzsche war damals einsam und ist einsam geblieben…Ich gestehe, dass ich immer wieder Goethe, Heine, Nietzsche lese, weil ich nichts anderes finde, ich vertrage nicht mehr so viel Unsinn wie früher.

Aus: Georg Kreislers Autobiographie „Letzte Lieder“
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Samstag, 22. November 2008

Moderne Kunst

Wie dem Komponisten Elliott Carter (s.u.) so müsste es eigentlich vielen "modernen" Künstlern gehen. Es ist ja nur schwer verständlich, warum viele Elemente der modernen Kunst die Richtung nehmen konnten, die sie heute eben genommen haben. Das künstlerische Empfinden kann dabei ja eigentlich keine Rolle spielen, denn man muss es geradezu überwinden, um vielen "Kunstgegenständen" überhaupt noch gegenübertreten zu können.

In Wirklichkeit ist es dabei ähnlich wie bei dem, was sich jetzt in der Finanzkrise gezeigt hat. Wenn einige etwas machen, so unsinnig es auch sei, dann meinen alle, es auch mitmachen zu müssen. Bei den Finanzen hat nun die Realität das Absurde zum Einsturz gebracht. Aber wer soll bei der Kunst für die Korrektur sorgen, wenn es das Herz und der Verstand nicht kann?

Carter hatte im hohen Alter eine weisheitsvolle Erkenntnis. Viele andere Künstler werden sie wohl in diesem Leben nicht mehr haben können:


"... ich habe in der Zeitung Die Welt einen Artikel über einen der bekanntesten avantgardistischen Komponisten gelesen, den sogenannten Nestor oder Nestroy der Atonalität, Elliott Carter. Die Atonalen sind Musiker, die der Musik misstrauen. Carter hat jetzt erklärt, dass er seine gesamte Musik, alles, was er in den letzten fünfzig Jahren zusammenkomponiert hat, für scheußlich hält. „Niemand mag das hören“, sagt Carter. Er habe sein Leben verschwendet. Er schimpfte auf die Kritiker, die ihn gelobt, und auf die Dirigenten, die seinen, wie er selber es nennt, „Unsinn“ dirigiert haben. Er entschuldige sich beim Publikum. Er wolle in Zukunft zum Beispiel irische Folksongs komponieren. Das werden nicht allzu viele irische Folksongs sein.

Elliott Carter ist 98 Jahre alt. Außerdem möchte er seine gesamten avantgardistisch-atonalen Werke überarbeiten und sie mit traditionellen Melodien zum Mitsingen versehen. Daraufhin wurde er gefragt, wie er überhaupt auf diesen stilistischen Irrweg gelangen konnte. Carter sagt, seine Frau sei schuld. „Sie mochte dieses Zeug.“ Er habe zu seiner Frau einfach nicht Nein sagen können und habe deswegen, quasi aus Gutmütigkeit und Gattenliebe, fünfzig Jahre lang eine avantgardistische Musik nach der anderen komponiert. Kürzlich ist seine Frau gestorben. ..."


Originaltext: http://www.zeit.de/2007/33/Martenstein