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Samstag, 23. Januar 2016

Betriebsstrukturen in Ost, Mitte und West


Die Welt ist ein lebendiger Organismus. Ost, Mitte und West unterscheiden sich wesentlich.

Im Osten sind z.B. Wirtschaftsbetriebe patriarchalisch organisiert. Die Zugehörigkeit zu einer Firma hat etwas Familiäres. Diese Wirtschaftsfamilie wird durch ein Oberhaupt geführt. Dieses Oberhaupt wird allgemein anerkannt. Man stellt sich normalerweise nicht gegen es in Opposition. Dieser Gedanke ist den östlichen Seelen eher fremd.

Im Westen betrachtet man die Zusammenarbeit in einer Firma mehr unter dem Leistungsaspekt. Die Qualität dieser Leistung drückt sich in materieller Anerkennung aus. Selbstverständlich respektiert man den Mehrverdiener mehr als den Wenigverdiener. Dieses wird wie eine Art Naturordnung angesehen, die nicht infrage gestellt wird. Vielverdiener können geradezu als übermenschliche Wesen angesehen werden.  

 In der Mitte wollen sich heutzutage die Menschen mehr als gleichwertige Individuen begegnen. Sie wollen in einem sozialen Zusammenhang stehen und wollen keine Autorität über sich anerkennen. Wenn das durch eine hierarchische Betriebsstruktur gefordert wird, so tun die Menschen dies nur zum Schein. Innerlich stehen sie dazu in Opposition.

Werden Organisationsstrukturen des Westens oder des Ostens in der Mitte übernommen, so können sie nicht funktionieren. Wir brauchen ganz andere Strukturen der Zusammenarbeit in allen Einrichtungen.


Sonntag, 14. August 2011

"Im Rückblick muss ich sagen, dass der 11. September 2001 ein Einschnitt war. Ich weiß noch genau, dass ich an diesem Tag den bis dahin größten Verlust meiner Karriere gemacht habe, seltsamerweise aber nicht nachdem die Flugzeuge in die Türme geflogen sind, sondern davor. Das ging allen Händlern in unserem Handelshaus so. Es gab da Kursschwankungen, die ich mir nicht erklären konnte und die auch später eigentlich keinen Sinn ergaben, es sei denn, man würde denken, es habe vorher jemand von dem Anschlag gewusst."



FAZ vom 13.August 2011 - S.40

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Börsentagebuch: Montag, 8.8.2011



Börsentagebuch


Aus der Kurve


Er ist ein Day Trader und spekuliert an der Börse. Aber im Moment versteht er sie nicht mehr. Tagebuch einer Woche, in der die Welt angeblich pleitegehen sollte. Aufgezeichnet von Marcus Jauer.

Montag, 8.8.2011

Die ersten Order habe ich noch plaziert, bevor ich am Sonntag ins Bett gegangen bin, das war gegen Mitternacht, als in Asien die Börse öffnete. Zwei Tage zuvor hatte eine große Ratingagentur die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten herabgestuft, und wie wahrscheinlich alle rechnete ich damit, dass die Kurse in dieser Woche fallen würden, wenn nicht sogar einbrechen. Die Frage war nur, um wie viel.

Eigentlich kann es mir egal sein, ob die Kurse steigen oder fallen, mein Ziel besteht darin, in jedem Fall Geld zu verdienen, so oder so. Ich bin Börsenhändler, man könnte auch sagen ein Day Trader, aber den Begriff mag ich nicht so. Ich bin keiner, der nur für den Tag spekuliert. Früher habe ich für Handelshäuser gearbeitet, seit drei Monaten bin ich selbständig und arbeite nur noch mit meinem eigenen Geld. Ich habe mich auf Futures spezialisiert, das sind Termingeschäfte, die man sich wie Wetten vorstellen muss. Man spekuliert darauf, dass ein bestimmter Kurs bis zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen bestimmten Wert steigt oder fällt, was nicht heißt, dass man das Papier bis zur Fälligkeit halten muss. Normalerweise wird ein Future glattgestellt, sobald der Kurs in die richtige Richtung läuft, das kann nach wenigen Sekunden sein. Das ist einer der Vorteile auf dem Markt für Termingeschäfte, alles geht schnell und direkt. Außerdem ist es billiger, als mit Aktien zu handeln. Man braucht weniger Geld, um mitzuspielen.

Als ich heute Morgen gegen acht den Computer hochgefahren habe, waren die Kurse weniger gefallen, als ich vermutet hatte, ich hab also auch weniger verdient als erhofft. Das ist meistens so. Wenn alle den Weltuntergang erwarten, tritt er nicht ein. Wir haben zwar in den letzten Tagen immer wieder ungewöhnlich stark schwankende Kurse gesehen mit aggressiven Ausschlägen. Aber ich glaube nicht, dass sich das allein damit erklären lässt, dass die Amerikaner so hohe Schulden haben und die Europäer Schwierigkeiten mit ihrer Währung, das sind beides keine Neuigkeiten, auch wenn die Presse seit dem Wochenende alles, was aus dem Finanzbereich kommt, über Liveticker meldet.

Im Moment ist früher Vormittag, und der Dax bewegt sich bisher kaum nach unten. Ich denke, ich halte mich heute erst einmal zurück und schaue aus der zweiten Reihe, ob es zum Ausverkauf kommt. Womöglich beruhigt sich alles ganz schnell wieder und Mitte der Woche reden wir schon über etwas anderes.

Dienstag, 9.8.2001
Ich habe gestern Abend dann noch sehr viel Geld verloren. Ich will nicht sagen, wie viel, aber das war ein rabenschwarzer Tag. Normalerweise steige ich aus, sobald ich mehr verloren habe, als ich an einem guten Tag gewinne. Das ist mein Limit, aber daran habe ich mich gestern nicht gehalten. Bis Mittag sah es noch so aus, als würde sich der Markt stabilisieren, aber dann brachen die Kurse ein, die Anleihen stiegen, es gab ständig neue Höchst- und Tiefststände, und ich bin immer wieder rein. Am Ende hatte ich in nur zwei, drei Stunden das Geld vernichtet, das ich in den letzten drei, vier Wochen verdient habe.

Würde ich noch in einem Handelshaus arbeiten, wäre längst mein Chef gekommen und hätte gefragt, was ich da mache. Es gibt für jeden Händler ein Exit-Limit. Wer das überschreitet, dem schalten sie den Rechner aus. Aber jetzt arbeite ich von zu Hause, ohne Chef, ohne die anderen Händler, die mit mir im Saal sitzen. Das ist weniger Wettbewerb, aber nicht weniger Druck, jetzt geht es ja um mein eigenes Geld. Ich habe einen Arbeitsplatz mit vier Bildschirmen, auf zweien beobachte ich den Markt, auf zweien meine Order, ab und an meldet sich noch der Nachrichtenkanal und bringt News aus der Finanzbranche.

Ich fange meist gegen 8 Uhr an und höre auf, wenn ich genug verdient habe. Normalerweise versuche ich zwischendrin immer wieder aufzustehen, auf die Straße zu gehen, zum Bäcker, um Abstand zu bekommen, aber das habe ich gestern nicht geschafft. Bis ich abends um zehn den Rechner abgeschaltet habe, hatte ich kaum etwas gegessen. Das ist nicht gut. Der Job ist anstrengend, man muss sich konzentrieren. Man beobachtet den Markt und versucht, ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin er steuert und wann das Momentum entsteht, wo man handeln muss. Es ist wie beim Fußball. Man sieht, dass das Spiel eine Richtung nimmt, und spürt irgendwann, dass gleich ein Tor fallen müsste, und dann fällt es. Oder es fällt nicht, das Momentum geht vorbei und ein neuer entsteht, weil nun die Chancen für einen Konter steigen.

Aber zurzeit funktioniert das nicht. Es ist, als könne jederzeit alles passieren. Die Kurse und die Nachrichten passen nicht mehr zusammen. Geben die amerikanische Notenbanken oder die europäischen Finanzminister große Entscheidungen bekannt, beschäftigt das die Märkte nur ein, zwei Minuten. Gleichzeitig brechen sie wegen Ereignissen ein, die seit langem bekannt sind. Ich kann mir das nicht erklären. Ich bin seit dreizehn Jahren Börsenhändler, aber gerade scheint mich meine Erfahrung sogar eher zu stören. Ich versuche immer, Muster wiederzuerkennen, aber da sind keine. Als gestern Nachmittag die Kurse fielen, dachte ich, das muss doch irgendwann mal aufhören, es ist doch gar nichts passiert, aber sie fielen immer weiter. Am Ende wurden alle panisch, und ich war mit bis zu sieben Produkten gleichzeitig im Handel. Heute werde ich mich auf jeden Fall zurückhalten. Ich muss erst einmal analysieren, was da überhaupt passiert ist.

Mittwoch, 10.8.2011

Der Tag war für mich schmerzfrei. Ich scheine mich langsam an die Bewegungen zu gewöhnen, aber ich handele im Moment auch sehr kurzfristig. Am Morgen war der Dax noch einmal gefallen, das hatte ich zwar so erst nicht erwartet, war dann aber gut dabei. Ich hab vermutet, dass er danach wieder steigt, aber erst passierte nichts, und dann fiel er wieder. Es klingt für einen Börsenhändler, der im Markt doch ständig mehrere Indikatoren prüft, sicher ein bisschen simpel, wenn er sagt, heute ist der Dax sechshundert Punkte gefallen, also muss er bald auch wieder nach oben gehen, aber die Wahrheit ist im Moment archaisch.

Ich habe Ende der neunziger Jahre angefangen zu handeln. Ich hatte Volkswirtschaft studiert und eine Ausbildung bei einer Investmentbank begonnen, als ein Handelshaus kam und mir anbot, gleich mit richtigem Geld zu arbeiten. Wenn es funktionierte, konnte ich bleiben, wenn nicht, würden sie mich feuern. Mich hat das nicht geschreckt, damals wurden einem die Jobs in der Finanzbranche nur so nachgeworfen. Aber ich hab mich durchgesetzt. Ich habe schnell gelernt, dass man als Händler zwei Eigenschaften haben muss, die sich eigentlich widersprechen. Man muss aggressiv sein und gelassen. Je nachdem, wie diese zwei Eigenschaften sich bei einem verteilen, gehört man eher zu den risikobereiteren Händlern oder zu den vorsichtigeren. Trotzdem, man braucht beide.

Als ich später für ein Handelshaus in einer Steueroase gearbeitet habe, hatte ich zwei Chefs, die zwei vollkommen unterschiedliche Ansätze fuhren. Der eine war eher ein Macho, der überall Gelegenheiten erkannte, oft viel verdiente, nach einer Zeit aber immer auch schwer einbrach. Der andere war ein ruhiger Asiate, der es hasste, Geld zu verlieren, und sich lieber mal ein Geschäft entgehen ließ. Der eine hatte große Ausschläge, der andere nicht, doch über das Jahr haben beide gleich gut verdient. Jeder hat eben seinen Rhythmus. Ich bin eher jemand, bei dem es zwei, drei Wochen läuft, der sich dann zu sicher wähnt und einen Absturz hat. Insofern kenne ich solche Situationen wie am Montag. Ich bin nur froh, dass ich das jetzt noch zwei Tage aufholen kann, sonst wär das Wochenende gelaufen. Aber heute mache ich mal um fünf Schluss und gehe zum Fußballtraining.

Donnerstag, 11.8.2011

Heute ist es gut gelaufen. Ich habe wie seit Dienstag schon den ganzen Tag gescalpt, so nennt man das, wenn einer ohne klare Strategie im Markt liegt und einfach nur schnell kauft und wieder verkauft. Das ist zwar orientierungslos, aber trotzdem anstrengend. Zu Beginn fiel der Dax auf ein neues Tief, dann kamen die Konjunkturdaten aus Amerika, die besser waren als gedacht, und er stieg wieder. Es hätte mich aber auch nicht gewundert, wenn sie gar keinen Effekt gehabt hätten. Insgesamt habe ich 241 Order abgegeben, was heißt, dass ich jeden Future nach etwa einer Minute wieder verkauft habe. Inzwischen habe ich die Verluste vom Montag zur Hälfte wettgemacht. Das hätte ich zum Beispiel auch nicht erwartet.

Die Schwankungen, die wir jetzt sehen, kenne ich eigentlich nur vom Ende der neunziger Jahre. Damals gab es viel weniger Händler, es war viel weniger Geld im Spiel, und die Order wurden fast alle von Menschen abgegeben, wenn auch schon nicht mehr per Telefon. Im Rückblick muss ich sagen, dass der 11. September 2001 ein Einschnitt war. Ich weiß noch genau, dass ich an diesem Tag den bis dahin größten Verlust meiner Karriere gemacht habe, seltsamerweise aber nicht nachdem die Flugzeuge in die Türme geflogen sind, sondern davor. Das ging allen Händlern in unserem Handelshaus so. Es gab da Kursschwankungen, die ich mir nicht erklären konnte und die auch später eigentlich keinen Sinn ergaben, es sei denn, man würde denken, es habe vorher jemand von dem Anschlag gewusst.

Als ökonomisches Ereignis selbst ist der 11. September gar nicht so bedeutend gewesen, aber ab der Zeit danach drückte sehr viel Geld in den Markt, die Umsätze vervielfachten sich, die Gebühren sanken, und nach und nach kamen Computer auf. Heute wird ein Großteil der Order von Rechnern plaziert, die im Millisekunden-Takt miteinander handeln und die Limits, die ihnen einprogrammiert sind, nie überschreiten. Anders als ich sind sie damit nicht so anfällig für Katastrophentage, aber ich bin kein Freund von Computern als Händlern, ich habe mich auch nie bemüht, selbst Programme zu schreiben, wie das einige meiner Kollegen machen.

Ich kenne mich mit Computern nicht aus. Wenn bei mir zu Hause das Internet langsamer wird, bekomme ich eine Warnung. Dann muss ich einen Techniker holen und gehe bis dahin aus dem Markt. Es ist inzwischen alles so miteinander vernetzt, dass sich die Maschinen verselbständigen können und sich gegenseitig runterkaufen wie vor gut einem Jahr, als der Dow Jones plötzlich fast tausend Punkte verlor, ohne dass es einen Grund dafür zu geben schien, bis herauskam, dass es ein Computerfehler war.

Ich kann auch nicht sagen, ob all das - die Computer, das Geld, die Geschwindigkeit - die Bewegungen im Markt beruhigt haben, aber solche Ausschläge wie im Moment hatten wir in den letzten Jahren nur bei wirklichen Einschnitten, beispielsweise als Lehman Brothers pleiteging. Das war eine wichtige Bank, das hatte konkrete Auswirkungen auf die Leute. Die Panik, die jetzt im Markt ist, scheint mit keiner bestimmten Nachricht zusammenzuhängen. Man spürt nur, dass alle ihr Geld zurückziehen, sobald die Kurse fallen.

Freitag, 12.8.2011

Nachdem es in den letzten Tagen Gerüchte um die Kreditwürdigkeit Frankreichs gegeben hatte und eine französische Bank bereits unter Druck geriet, haben gestern Abend vier europäische Länder Leerverkäufe für Bankaktien verboten. Bei einem Leerverkauf setzt der Händler auf fallende Kurse, und die Hoffnung ist, dass der Kurs stabil bleibt, wenn man ihm den Leerverkauf verbietet. Im Moment scheint das aufgegangen zu sein. Die Kurse haben sich konsolidiert, aber ich weiß nicht, ob das lange anhält. Jetzt warten alle darauf, dass die Börse in Amerika öffnet, damit man sieht, wie sich die Spieler positionieren, bevor es über das Wochenende keine Möglichkeit mehr gibt, auf Nachrichten zu reagieren.

Am Ende dieser Woche kann ich sagen, dass sie mir sicher in Erinnerung bleiben wird. Den Kollegen, mit denen ich gesprochen habe, ging es genauso. Einige haben in den letzten Tagen viel Geld verloren, einige viel gewonnen, aber unruhig geschlafen haben sie alle. Ich bin mit meiner Strategie, ohne eigene Meinung richtungslos im Markt zu treiben, um dann immer nur kurzfristig zu reagieren, ab Dienstag ganz gut durchgekommen, ich denke auch, dass das funktionieren wird, bis sich die Kurse wieder beruhigt haben. Dass die Entwicklung aber so wenig mit der realen Nachrichtenlage zusammenhängt, hat es so bisher nicht gegeben. Man kann sich eigentlich auf keinen Indikator mehr verlassen.

Kann sein, dass sich für jemanden, der sich nicht an der Börse bewegt, das Virtuelle an meinem Job, wenn nicht das Sinnentleerte, nur noch verstärkt, während der Bürger mit seinem Steuergeld für die Rettung der Banken einstehen muss, aber so sehe ich das nicht. Ich habe viele Leute gekannt, die bei Lehman Brothers gearbeitet haben und denen nun, wie all den anderen Investmentbankern, Gier unterstellt wird. Aber das waren clevere Burschen, die wollten nichts Böses, die haben nur Instrumente angewendet, die ihnen erlaubt waren, und erlaubt hatte sie ihnen die Regierung. Dieselbe Regierung, die später entschied, dass einige Banken zu groß sind, um sie sterben zu lassen, dabei hatten sie Fehler gemacht wie alle anderen. Wenn ich einen Fehler mache, stand früher im Handelshaus mein Chef hinter mir, ich habe auf die Finger bekommen und daraus gelernt. Die Banken dagegen sind heute mit größerem Risiko im Markt als jemals zuvor.

Meine Eltern sind beide Ärzte. Ich weiß natürlich, dass auch mein Beruf eine ethische Komponente hat. Dazu muss ich mir gar nicht anschauen, wie Termingeschäfte über die Nahrungsmittelpreise in der Dritten Welt bestimmen können. Ich habe solche Geschäfte bislang nicht gemacht, sie sind nicht mein Bereich, aber sie sind erlaubt, und ich bin mit mir übereingekommen, dass ich alles mache, was erlaubt ist. Ich habe Freude an meiner Arbeit.

Dienstag, 9. November 2010

China und die westliche Welt

China ist gewissermaßen organisiert wie ein großer Industriekonzern. Niemals würde man in einem Industriekonzern eine demokratische Wahl eines Vorstandsvorsitzenden zulassen. Alles, aber auch alles hat sich im Konzern der Effektivität des Gewinnstrebens unterzuordnen. So muss sich auch in China alles dem
Gemeinwohl unterordnen.

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Kaum einer käme auf die Idee, zu fordern, dass das im Industriekonzern anders sein sollte. Jeder ordnet sich unter. So kommt auch kein normaler Chinese darauf, an dem dortigen System etwas Unberechtigtes zu erkennen.
Es besteht dort gewissermaßen ein Einklang des politischen, gesellschaftlichen und des industriellen Systems.



Man kann auch sagen, dass jeder Industriekonzern ein kleines China darstellen muss. Das chinesische Herrschaftssystem befindet sich in seinem Entwicklungniveau etwa auf der Stufe der alten ägyptischen Hochkultur.

Ägyptisches System im Wirtschaftsleben
Die Industrie ist bei uns aber noch immer nach dem Modell dieses uralten Systems organisiert, nach dem ägyptisch-pharaonischen System, das bei uns in Mitteleuropa in der Form der Monarchie noch lange weiter existierte und in der katholischen Kirche bis heute seinen deutlichen Ausdruck findet. Keiner merkt aber, dass es in der Industrie noch überall anerkannt wird. Dieses Modell war aber nur richtig für die ägyptische Zeit vor 4000 - 6000 Jahren.

Griechisches System im politischen Leben
Die Politik wird noch immer nach dem griechischen Modell der Demokratie, wie es vor über 2500 Jahren entwickelt und geübt wurde, organisiert.



Neuzeitliches System im gesellschaftlichen Leben 
Die Gesellschaft aber besteht aus Menschen, die seit etwa 500 Jahren ein ganz anderes, neues Bewusstsein ihres Lebens ausbilden. Wir haben es heute an erster Stelle mit individuellen Menschen zu tun. Menschen, die sich nicht mehr in eine industrielle Zwangs-Monarchie einordnen können, ohne daran zu leiden und krank zu werden.

Menschen, die sich nicht mehr dauerhaft und natürlicherweise in Gemeinschaften eingliedern können und wollen, ohne sich zu reiben und zu entzweien.
Für die heutige, individuelle Bewusstseinsstufe ist weder das gesellschaftliche, das politische System noch das industrielle System passend organisiert.

Forderungen nach Volksentscheid zeigen dieses politische Aufbegehren. Aber auch diese Forderung nimmt unbeholfener Weise immer noch das griechische System zum Vorbild und hat noch kein Modell für diese Zeit des modernen Bewusstseins gefunden.

Auch in dem zu gewissen Zeiten durchaus zeitgemäß organisierten Modell der kollegialen Selbstverwaltung der Waldorfschulen kommt es immer wieder zur Übernahme des überholten demokratischen Modells und damit zum Rückfall in alte Zeiten.

Samstag, 25. September 2010

Bulls and Bears




Dieses Bild von Holbrook stammt aus dem Jahre 1879. Es ist der Beginn des Michaelzeitalters. Rudolf Steiner wies darauf hin, dass in den Jahren zuvor es auf der Erde einen gewissen negativen geistigen Umschwung gegeben hatte. In diesem Bild kommt etwas davon zum Ausdruck. Es bildet Kräfte ab, die im Wirtschaftsleben aktiv sind. 

Freitag, 13. Februar 2009

Lob der Selbstständigkeit


Im folgenden ein Artikel, der in der momentanen Weltsituation besondere Bedeutung hat.

Niemals seit dem Ende des II.Weltkriegs war ein so radikales Umdenken gefordert wie heute. Das wirtschaftliche System hat so keine großen Zukunftschancen mehr.
Die Politik mischt sich ein und hat im Grunde auch keine andere Denkart als die im Wirtschaftsbetrieb Verantwortlichen. Außer dass der Politiker eben etwas weniger Talent zum Wirtschaften hat - deswegen ist er ja auch Politiker geworden. Der Politiker meint aber, alles besser zu wissen.

Wohin das moderne Denken gehen muss, damit etwas Gedeihliches herauskommt, verdeutlicht dieser Artikel:


Essay: Lob der Selbstständigkeit - DIE WELT - WELT ONLINE

Lob der Selbstständigkeit

Von Wolf Lotter 12. Januar 2009, 01:32 Uhr

In der Finanzkrise rufen alle nach Regeln - sie kennen nichts anderes. Doch nicht "das System" ist schuld. Es kommt auf das Verhalten des Einzelnen an, seine Kreativität und seinen Mut

Zur Finanzkrise ist alles gesagt - bis auf das Wesentliche. An diesem Wesentlichen oder Grundsätzlichen mag kaum jemand rühren, denn es trifft allzu oft die eigene Existenz. Wer da ranfasst, stellt sich in der Regel selbst infrage. Spekulanten und Investmentbanker, die hinter dem Debakel stecken, haben eines mit den allermeisten übrigen Protagonisten der Krise gemein. Es war nicht ihr Geld, denn sie handelten als Angestellte. Dienstnehmer, liebe Freunde, wie du und ich, Leute, die in einer Hierarchie mit ihren ganzen hübschen Regeln das sogenannte Richtige taten - also nichts weiter, als die andern tun. Vom leitenden Angestellten, Manager heißt das, bis zum kleinen Gehilfen in der Kreissparkasse handelten alle, wie sie es gelernt hatten. Einer fängt an. Die anderen machen mit. Bis es kracht. Der klare Vorteil: Nicht Menschen haben die Krise verursacht, sondern das "System". Je braver die Soldaten, desto höher die Verluste. So einfach ist das.

Nun rufen alle nach neuen Regeln, natürlich zu den bereits bestehenden Gesetzen. Denken wir, nur versuchsweise, einmal ganz anders. Was, wenn nicht das System, sondern Menschen in Verantwortung gingen für die Entscheidungen, die sie treffen. Mit Hab und Gut dafür eintreten. Selbstständig sind also.

Wie bitte?

Selbstständigkeit ist ein Unwort in Zeiten, in denen sich die breite indolente Mehrheit der Handlungsbeschränkten mehr Regeln ausbittet. Damit montiert man die Fallstricke für morgen. Ja, können die es nicht besser? Doch, nur dann müssten sie einen Schritt wagen. Sie müssten kreativ sein. Mit anderen Worten: Sie müssten eine Idee haben. Wussten Sie, dass bereits heute Ideen wertvoller sind als Produkte? Dass damit weltweit mehr Geld umgesetzt wird - und sich das noch weiterentwickelt? Nur regieren eben die alten Herren des industriekapitalistischen Systems weiter. Sie haben keine Idee, was das sein könnte, ein System kreativ verändern. Denn dazu müssten sie den größten und wesentlichsten Schritt wagen: nicht nur sich selbst mehr Verantwortung, mehr Unternehmertum und damit auch Risiko für die eigenen Finanzen und Karrieren abverlangen. Sondern gleichsam auch anderen - die man heute noch "Mitarbeiter", "Angestellte", "Dienstnehmer" und "Verbraucher" nennt - mehr Freiräume in der täglichen Arbeit einräumen.

Bizarr ist, dass Europa 2009 das Jahr der Kreativität feiert, eine Kraft, die weniger Regeln und mehr Verantwortung braucht, während die verantwortlichen Politiker aus Eigennutz genau das Gegenteil fordern. Wie schön für Berufspolitiker, dass es eine Krise gibt - jetzt können die Vaterländer wieder gerettet werden. Der Teufel wird mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Mit Kreativwirtschaft beschäftigt man sich indes nur ehrenhalber. Wissensgesellschaft, Innovationen, die Fähigkeit, statt Quantität mehr Qualität herzustellen (liebe Automobilindustrie!), bleiben Spielball für einige Verwirrte. Neumodisches Zeugs. Unberechenbar. In der Tat. Neumodisches Zeugs? Nein. Aufstieg und Fall von Kulturen waren immer der Fähigkeit zu Innovation und der Akzeptanz neuer Ideen geschuldet. Gesellschaften, die ideenfeindlich sind, die mit Kreativität nur die töpfernde Gattin assoziieren, haben verlernt, dass nur der Fortschritt, das Neue zu etwas führt. Uns ist der Preis - noch - zu hoch. Denn er heißt: Verantwortung übernehmen und gleichsam Verantwortung delegieren können.

Die allererste Studie über Kreativitätswirtschaft wurde in den USA zu Ende der 40er-Jahre durchgeführt. Der große Ökonom Fritz Machlup, dem wir auch die ersten Erkenntnisse zur Wissens- und Informationsgesellschaft verdanken, hat sie durchgeführt. Nicht mit Regisseuren, Schauspielern, Malern, Dichtern und Aktionskünstlern. Sondern mit Krankenschwestern. Machlup trennte nicht in "schöpferisch-intellektuelle" Menschen auf der einen und "Ausführende" auf der anderen Seite. Für Machlup bedeutet Kreativität selbstständiges Denken und Handeln, Entscheiden auf der Grundlage des eigenen Wissens. Machlup hat vor nun fast 60 Jahren festgestellt, was so vielen heute immer noch nicht in den Kopf will: Ja, es ist besser, bringt mehr Qualität, bringt mehr Leistung, bringt mehr Ergebnis für alle - und ist zudem ungleich befriedigender -, wenn Freiräume eröffnet werden. Bei Krankenschwestern und anderswo. Kreativarbeiter ist, wer anzuwenden versteht, was er kann. Der auf jede Situation individuell reagiert. Der sich sagt: neues Problem? Neue Lösung. Kein Schema F. Deshalb sind Selbstständige per se kreativer.

...Freiheit und Kreativität gehören zusammen, das kann man auch beim Mentor der Creative Economy, Richard Florida, nachlesen: "Kreativität ist ein Grundelement der menschlichen Existenz", schreibt er, "ein breit angelegter sozialer Prozess, der Zusammenarbeit erfordert. Sie wird stimuliert durch menschlichen Austausch und durch Netzwerke. Sie findet statt in tatsächlichen Gemeinschaften und an realen Orten." Die Kreativität ist das wirkliche Leben. Die schöpferische Idee ist die einzige Chance, einen Fehler nicht zu wiederholen. Und sie ist, in der praktischen Wirtschaft, die wichtigste Waffe gegen die Krise. Und was noch wichtiger ist: Selbstständig sein, Freiräume haben und aus diesen kreativ arbeiten, das ist ein Leben im Original. Keine Kopie. Das kostet Überwindung. Keine Frage.

Aber: Hat jemand eine bessere Idee?

Wolf Lotter ist Redakteur des Wirtschaftsmagazins "brand eins". Sein neues Buch "Die kreative Revolution" mit Beiträgen der führenden deutschsprachigen Creative-Economy-Vordenker erscheint diese Woche im Murmann Verlag Hamburg.

Samstag, 25. Oktober 2008

Geld - Ware -Arbeit

Aus der Tatsache, dass Geld nur ein Gegenwert für Waren sein kann, geht dann logisch auch hervor, dass man menschliche Arbeit nicht mit Geld bezahlen kann. In seiner Arbeit lebt der Mensch mit seiner ganzen Wesenheit. Für Arbeit bezahlt zu werden, ist wie ein Verkaufen der eigenen Seele. Unbewusst oder heute auch oft schon bewusst leiden viele Menschen unter dieser Tatsache, da sie sich in ihrer Menschenwürde verletzt fühlen. Es wird sicher eine Zeit kommen, wo man dieses Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit ähnlichen Gefühlen betrachten wird, wie sie sich einstellen, wenn man heute auf die Sklaverei sieht:

„... Innerhalb der kapitalistischen Wirtschaftsform hat sich diese Arbeit dem sozialen Organismus so eingegliedert, dass sie durch den Arbeitgeber wie eine Ware dem Arbeitnehmer abgekauft wird. Ein Tausch wird eingegangen zwischen Geld (als Repräsentant der Waren) und Arbeit. Aber ein solcher Tausch kann sich in Wirklichkeit gar nicht vollziehen. Er scheint sich nur zu vollziehen. In Wirklichkeit nimmt der Arbeitgeber von dem Arbeiter Waren entgegen, die nur entstehen können, wenn der Arbeiter seine Arbeitskraft für die Entstehung hingibt. Aus dem Gegenwert dieser Waren erhält der Arbeiter einen Anteil, der Arbeitgeber den andern. Die Produktion der Waren erfolgt durch das Zusammenwirken des Arbeitgebers und Arbeitnehmers. Das Produkt des gemeinsamen Wirkens geht erst in den Kreislauf des Wirtschaftslebens über. Zur Herstellung des Produktes ist ein Rechtsverhältnis zwischen Arbeiter und Unternehmer notwendig. Dieses kann aber durch die kapitalistische Wirtschaftsart in ein solches verwandelt werden, welches durch die wirtschaftliche ワbermacht des Arbeitgebers über den Arbeiter bedingt ist. Im gesunden sozialen Organismus muss zutage treten, dass die Arbeit nicht bezahlt werden kann. Denn diese kann nicht im Vergleich mit einer Ware einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Einen solchen hat erst die durch Arbeit hervorgebrachte Ware im Vergleich mit andern Waren. Die Art, wie, und das Maß, in dem ein Mensch für den Bestand des sozialen Organismus zu arbeiten hat, müssen aus seiner Fähigkeit heraus und aus den Bedingungen eines menschenwürdigen Daseins geregelt werden. Das kann nur geschehen, wenn diese Regelung von dem politischen Staate aus in Unabhängigkeit von den Verwaltungen des Wirtschaftslebens geschieht. ...“

Aus: Rudolf Steiner, Kernpunkte der sozialen Frage, S.77 f

Da Geld ein Gegenwert für Ware ist, so muss es sich auch mit der Ware verändern. Die Ware wird alt, verbraucht sich, wird weniger wert. Das Gleiche muss auch mit dem Geld geschehen:

"Just dasjenige, was Geld ist, das ist etwas, was merkwürdigerweise im volkswirtschaftlichen Leben, trotzdem es ganz in Äquivalenz steht mit den anderen volkswirtschaftlichen Elementen, sich nicht abnutzt. Radikal können Sie sich das dadurch vorstellen, dass Sie sich zum Beispiel denken: Ich habe für, sagen wir, fünfhundert Franken Kartoffeln. Wenn ich für diese fünfhundert Franken Kartoffeln habe, so muss ich dafür sorgen, dass ich sie losbringe, das heißt ich muss etwas tun, dass ich sie losbringe. Und nach einiger Zeit sind sie eben nicht mehr da. sind sie verbraucht, sind sie weg. Wenn das Geld in Äquivalenz steht mit den Gütern, mit den bearbeiteten Gütern, so müsste es sich abnützen. Das Geld müsste, genauso wie die anderen Güter, sich abnützen. Das heißt, wenn wir nicht abnutzbares Geld im volkswirtschaftlichen Körper drinnen haben, dann verschaffen wir unter Umständen dem Geld einen Vorteil gegenüber den abnützbaren Güter.Das ist außerordentlich wichtig. Und es wird erst ganz wichtig, wenn man folgendes bedenkt: Wenn man bedenkt, was ich anwenden muss, wenn ich, sagen wir, nach fünfzehn Jahren durch meine ganze Betätigung so weit gekommen sein soll, dass ich dadurch, dass ich heute eine Menge Kartoffeln habe, dann die doppelte Menge Kartoffeln habe, von den Kartoffeln, die es dann geben wird; und wenn man nun bedenkt, wie wenig jemand als einzelne Persönlichkeit zu tun braucht, wenn er heute in Geld fünfhundert Franken hat, um das Doppelte zu haben in fünfzehn Jahren! Es genügt, wenn er gar nichts tut, wenn er seine gesamte Arbeitskraft dem sozialen Organismus entzieht und die anderen arbeiten lässt, dass er beleiht und die anderen arbeiten lässt. Wenn er mittlerweile nicht selber für den Verbrauch sorgt: das Geld hat es nicht nötig, sich abzunutzen. Dadurch wird aber sehr viel von dem, was dann empfunden wird als eine soziale, sagen wir Unrichtigkeit, erst in den sozialen Körper hineingebracht."

Aus: Rudolf Steiner, Nationalökonomischer Kurs, GA 340 ,Seite 164 f