Montag, 26. März 2007

Gedicht von Richard Specht
geschickt an Rudolf Steiner 16. Nov. 1890

Wir beide

Sind wir denn wirklich Menschen erdgeboren,
zu Menschenglück und Menschenweh erkoren?

Ich sah so fremd dem farbgen Treiben zu,
Und fühle mich allein, - allein wie du.

Mir ist’s als käme ich aus andrer Welt,
von einem Stern, der einst in Nacht zerschellt.

Wenn Schmerz und Weh in meine Brust sich senken,
dann muss ich deiner, tote Welt, gedenken.

Dann schwingt im Traum die Seele sich empor
Zu seiner Heimat, die ich längst verlor.

Zu jener Heimat, licht und eisnachtklar,
Zu jener Heimat, die auch dich gebar...

Auch dich, auch dich! Denn du entsprangst dem Licht,
Die dunkle Erde ist dir Heimat nicht.

Drum haben wir uns ja so bald verstanden,
Weil sich im Aetherraum die Seelen fanden,

Weil uns das gleiche Heimweh tief bewegt,
Weil gleiche Sehnsucht unsre Brust gehegt,

Weil gleiche Träume seltsam uns umschweben,
Die keinem, keinem außer uns gegeben.