Donnerstag, 30. April 2009

"Sommer im April"

Für zwei Tage Sommer im April. Hitzevorschuss. Die Knospen stürzen aus dem Schlaf. Über Nacht sind die Schwalben aus Sizilien zurück, nachtblau noch ist ihr Flügel, hier wird er staubgrau werden. Sie umflattern die Traufe. Die Stare im Kordon wie eine Polizeistaffel staken pickend über die Wiese. Sonntag ahneFülle, ohne Schwüle. Am See die Nachtigall und eine zarte Wasserschlange, die eine mäandrische Strömung hinter sich lässt, das feine schwarze Reptilienhaupt glänzt in der Sonne, es bleibt über Wasser wie beim schwimmenden Hund. Ein erstes Bad im kalten Weiher.

Blanker Himmel mit einem Storch, der über der Wiese kreist. Dass der große Zügler und ich diesen Raum uns teilen, der Reisende und der Bleibende, der Niederschauende und der Aufschauende, zwei sondierende Geschöpfe, gleitend auf zweierlei Art.


Bodo Strauß, Die Fehler des Kopisten - tb S.10


Ein bemerkenswertes Buch...

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Sonntag, 26. April 2009

Wladimir Solowjew und „Die Gelbe Gefahr“I

Wladimir Solowjew, * 28. Januar 1853 in Moskau; † 13. August 1900. in Uskoje bei Moskau) war ein russischer Religionsphilosoph und Dichter.

Er beschäftigte sich u.a. auch mit der Entwicklung Chinas. Es entsprach ganz der Mentalität Solowjews, dass die vermeintliche Erkenntnis einer „Gelben Gefahr“ ihn wie eine plötzliche Offenbarung überfiel. Mit der ihm eigenen Erzählergabe berichtet er, dass er 1888 bei einer Sitzung der Pariser Geographischen Gesellschaft inmitten eines internationalen, auf Europäer schon, nicht mehr beschränkten Publikums den chinesischen Gesandtschaftssekretär in Paris, Oberst Tschen Ki Tong, Mitarbeiter der „Revue des Deux Mondes“, sprechen hörte. In reinstem Französisch erklärte der gelbe Mann und „wahre Held des Abends“:


„Wir sind fähig und bereit, von euch alles zu nehmen, was wir brauchen, die ganze Technik eurer geistigen und materiellen Kultur; aber wir werden uns keines eurer Glaubensbekenntnisse, keine einzige Idee oder auch nur einen Geschmack aneignen. Wir lieben nur uns, selbst und achten die Stärke. An unserer Kraft zweifeln wir nicht, sie ist fester ab die eurige. Ihr erschöpft euch in unaufhörlichen Versuchen, und wir nutzen die Früchte eurer Versuche zu unserer Verstärkung aus. Wir freuen uns über euren Fortschritt, aber wir brauchen nicht aktiv daran teilzunehmen; wir wollen es auch nicht. Ihr selber bereitet ja die Mittel, die wir gebrauchen, um euch zu bezwingen.“

Solowjew fühlte wie eine fremde, feindliche Welt auf ihn zukam.


Quelle: Die gelbe Gefahr Von Heinz Gollwitzer -
http://books.google.de/

Freitag, 24. April 2009

Die Gemeinschaft steht höher als das Individuum

Vorbemerkung: Zu den weltpolitisch und welthistorisch bedeutsamsten Vorgängen unserer Epoche gehören die Entwicklungen in China und ihre Auswirkungen auf den Westen. Zu diesem Thema wird es in nächster Zeit verschiedene Beiträge auf diesen Seiten geben. Im Überblick können Sie dann immer alle Artikel lesen, wenn Sie das Thema (label oder tag) "China" wählen.

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Zu den wichtigsten Phänomenen Chinas gehört das Gruppen-Prinzip:
Die Gemeinschaft steht höher als das Individuum . Dieses Prinzip gehört zu den Grundideen des Ostens überhaupt.

In einem Artikel in der FAZ vom 28.März 2009 "Der Westen ist nur ein T-Shirt" schreibt Jörg Becker u.a. über die heutige Beziehung Chinas zum Westen:


"Hat sich das Land also seit seiner globalen Marktöffnung kulturell verwestlicht? Je nach Wahrnehmung oder nach der Dimension die man beobachtet, kann diese Frage mit Ja oder Nein beantwortet werden. Einerseits ist eine enorme und sich noch stets weiter dynamisierende westliche Konsumwelt zu beobachten...
Andererseits zeigen alle empirischen Umfragedaten über Werte, dass sich bei den meisten Chinesen an deren traditionellen Auffassungen über die Familie nichts geändert hat. Nach wie vor steht die Gruppe über dem Individuum. Und mag auch das öffentlich sichtbare Leben in den chinesischen Metropolen westlich daherkommen, so sieht das in der privaten Lebenswelt ganz anders aus. Eine komplexe "Verschichtung" zwischen China und dem Westen ist zu beobachten. Es scheint, als ob in China weniger eine Verwestlichung als die Sinisierung des Westens stattfindet. Der Globalisierung des indischen Bollywood dürfte schon bald eine globale chinesische Kulturbewegung folgen. Das Konfuzius-Institut in Berlin ist da ein Anfang."

Dienstag, 21. April 2009

Fürchtet euch nicht, wir (Chinesen) sind bei euch

Vorbemerkung: Zu den weltpolitisch und welthistorisch bedeutsamsten Vorgängen unserer Epoche gehören die Entwicklungen in China und ihre Auswirkungen auf den Westen. Zu diesem Thema wird es in nächster Zeit verschiedene Beiträge auf diesen Seiten geben. Im Überblick können Sie dann immer alle Artikel lesen, wenn Sie das Thema (label oder tag) "China" wählen.

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Eine buchstäblich alte Welt, versunken im Kulturpessimismus: So sieht China Europa. Die Ironie der Geschichte will, dass heute die Chinesen als Missionare auftreten und den Europäern ihre Angst vor der Globalisierung nehmen wollen.

PEKING, 8. März

In der Wirtschaftskrise verschieben sich die globalen Kurse rascher als in ruhigen Zeiten. Wie viel ist heute zum Beispiel Europa wert? Dass sich China in den letzten Wochen auffällig um den alten Kontinent bemüht, kann Verschiedenes bedeuten. In diesen Tagen begann schon die zweite große Einkaufstour chinesischer Investoren, nachdem Ministerpräsident Wen Jiabao zuvor in mehreren europäischen Ländern über die Auswirkungen der Krise gesprochen hatte. Die letzte Delegationsreise hatte deutschen Unternehmen allein Lieferverträge im Wert von rund zehn Milliarden Dollar eingebracht, jetzt soll es um Fusionen und Übernahmen im großen Stil gehen, unter anderem um Volvo. Die Preise sind günstiger geworden in diesen Tagen.

Aber eine gerade veröffentlichte Studie der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften über Europa legt den Schluss nahe, dass es Peking nicht bloß um ein Kostenkalkül geht. Es geht ihm, alteuropäisch gesprochen, um die Seele des Kontinents....


„Viele Europäer“, heißt es in dem Papier, „spüren den Druck, den das Erstarken Chinas ausübt, am eigenen Leib.“ Es wachse die Sorge um die eigene Konkurrenzfähigkeit. ...

Deutschland sei nicht in der Lage, die Vorteile wahrzunehmen, die China ihm und der Welt schon gebracht habe.

...

Vor dem Hintergrund dieser Analyse erscheinen Chinas Bemühungen um Europa in einem größeren Zusammenhang. Wen Jiabao hatte seine Reise zu einer „Tour der Zuversicht“ erklärt, und der Handelsminister Chen Deming interpretierte seine Einkaufstour als Bekenntnis für die Freiheit der Märkte und gegen den Protektionismus. Es sieht so aus, als habe sich China inmitten der Krise eine neue Rolle verordnet: den Auftrag, die Alte Welt von ihrem Pessimismus zu heilen, indem es sie am Schwung seiner trotz allem fortdauernden Aufwärtsbewegung Anteil nehmen lässt. Denn nur wenn Europa seine Globalisierungsfurcht verliert, so mag das Kalkül sein, werden sich seine Vorbehalte gegenüber China legen. Aus Pekinger Sicht würde sich die geläufige Rollenverteilung dadurch geradewegs umkehren: Einem in sich verschlossenen Europa würde plötzlich ein Verkündiger von Öffnung, Rationalität und Markt gegenüberstehen, mit dem niemand gerechnet hätte.

... Denn im gleichen Zug, wie China beim Geschäftemachen Europa die Angst vor der Globalisierung nehmen will, stärkt es seinen eigenen Einfluss in den globalen Beziehungen und Institutionen. Das Gesunden der Weltwirtschaft, erklärte Wen Jiabao in Davos, hänge von der engen Zusammenarbeit der Welt mit China ab. ...

Die Karten werden neu gemischt. Mit der Relativierung der amerikanischen Machtposition sehen chinesische Kommentatoren, etwa in der Parteizeitung „Renmin Ribao“, zum ersten Mal in der Geschichte ein Zeitalter des „globalen multikulturellen und multipolaren Wettbewerbs“ aufziehen, eine Ära der Zusammenarbeit statt der Konfrontation. ...


Die Zusammenarbeit, von der China spricht, dürfte allen noch einiges abverlangen.


MARK SIEMONS

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 09.03.2009 Seite 25

Quelle:http://www.faz.net/

Samstag, 18. April 2009

China kauft 100 Hochgeschwindigkeitszüge von Siemens

Vorbemerkung: Zu den weltpolitisch und welthistorisch bedeutsamsten Vorgängen unserer Epoche gehören die Entwicklungen in China und ihre Auswirkungen auf den Westen. Zu diesem Thema wird es in nächster Zeit verschiedene Beiträge auf diesen Seiten geben. Im Überblick können Sie dann immer alle Artikel lesen, wenn Sie das Thema (label oder tag) "China" wählen.

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Peter Kirnich

100 Züge der ICE-Weiterentwicklung Velaro rollen demnächst bei zwei chinesischen Partnerfirmen vom Band. Siemens liefert Komponenten wie die Elektroausrüstung, Fahrwerke und Motoren im Wert von 750 Millionen Euro. Der erste der neuen Züge soll Ende 2010 unter anderem auf der 1 318 Kilometer langen Strecke zwischen Peking und Schanghai fahren und es auf Geschwindigkeiten von bis zu 350 Stundenkilometern bringen. Fahrzeit: Vier Stunden. Vor vier Jahren hatte das chinesische Bahnministerium bereits 60 Velaros geordert. Damit wird der Zug mehr und mehr zum Siemens-Verkaufsschlager. Auch zwischen Barcelona und Madrid sowie Moskau und Sankt Petersburg sind die Schnellzüge bereits erfolgreich unterwegs. (pk.)

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/

Montag, 13. April 2009

Abendmahl - früher und heute



In einem Braunschweiger Ausstellungsraum stieß ich heute auf ein Bild "Das Abendmahl" von Ben Willikens.

Es wurde bewusst in Anlehnung an das Abendmahl von Leonardo gestaltet.

Betrachtet man die beiden Bilder nebeneinander, dann kann man daran auch die Entwicklung des menschlichen Seelenlebens durch die Jahrhunderte hindurch erleben:

Was früher lebendig, beseelt und farbig war, ist heute eine leere, farblose Fläche. Alles Erleben von Wesenhaftem ist verschwunden.
Ein Raum, der sich danach sehnt, dass jemand hereinkommen möge.

Donnerstag, 9. April 2009

Karfreitagmorgen

von Christian Morgenstern (1871-1914)


Heute will ein alter Mensch
wiederum zu Grabe sterben,
und der neue soll von ihm
nichts als nur den Willen erben,
nach dem endlichen Gelingen
immer tiefer hinzudringen.

Hilf zu solchem Ziel auch Du
mit dem eignen Stirb und Werde!
Lass uns einig unsre Erde
läutern, edlerm Stoffe zu!
Lass uns, liebes Lebensmein,
einer Sehnsucht Flügel sein!

Freitag, 3. April 2009

PowerPoint

Eine merkwürdige Vortragstechnik hat sich in den letzten Jahren ausgebreitet. Das Publikum starrt auf eine Leinwand und der Vortragende erzählt das Gleiche, was man auf der Leinwand selber schon gelesen hat. Leben, Geist und Spontaneität sind nicht mehr möglich. Der Redner kann auch gar nicht mehr auf das Publikum eingehen, weil er überwiegend Kontakt mit dem Computer und der Leinwand hat:



RICHTIG PRÄSENTIEREN

Besser Denken:

Flipchart statt PowerPoint

Matthias Pöhm ist Trainer für Schlagfertigkeit und Rhetorik.

Computergestützte Präsentationen sind ein probates Einschlafmittel. Dabei kann man sein Publikum mit einfachsten Mitteln begeistern - statt nur die tausendste Folienparade abzuspulen.
Jahrhundertelang wurden Reden weit gehend frei auf der Grundlage von ein paar bewährten Rhetorikregeln gehalten. Dann kam PowerPoint. Seitdem sind Vorträge zwar bunter und verspielter geworden, aber leider auch viel langweiliger. Denn die weit verbreitete Präsen­tationskrücke zwingt jede Rede in eine Struktur, die dem natürlichen Sprach­fluss widerspricht: Sie zerhackt ihn in einzelne Häppchen und verleitet zudem dazu, umständliche Wortmonster zu formulieren. Damit rufen Sie jedoch beim Zuhörer keine Emotionen mehr hervor ...


Quelle: http://www.spektrumverlag.de/artikel/980090