Mittwoch, 1. September 2010

DIE MISSRATENEN

Was passiert, wenn Akademikerkinder absteigen?

Nach wie vor ist es für viele Eltern ein fast unüberwindliches Problem, wenn ihre Kinder nicht den gleichen Abschluss erreichen, den sie selbst errungen haben. Viele Erziehungsschwierigkeiten hängen damit zusammen. Über solchen Kindern schwebt unablässig das Damoklesschwert eines großen Leistungsdrucks. Oft erfüllen diese Kinder dann vordergründig die Wünsche ihrer Eltern. Aber sie gehen keinen glücklichen Lebensweg.

Anschaulich schildert folgender Artikel solche Lebens- und Leidenswege (nur kurze Auszüge):

Quelle: http://dasmagazin.ch/index.php/die-missratenen/

"Eigentlich haben sie bereits ihre ältere Schwester für das schwarze Schaf der Familie gehalten. Doch als die fünf Jahre jüngere Anna nach dem zweifachen Abbruch ihres Studiums beginnt als Stewardess zu arbeiten, sehen ihre angesehenen Eltern ihre dunkelsten Vorahnungen bestätigt. Schon die Älteste hat Jahre auf Kosten ihrer hart arbeitenden Mediziner-Eltern studiert. Sie setzte sich wohl aus Angst vor dieser harten Arbeit mit der Idee eines eigenen Medizinstudiums gar nicht erst auseinander. Und begleitete den Vater schon als Kind nicht gern, wenn er sie in die Klinik mitnahm. Sie wollte auch später auf keinen Fall in das Fach der Eltern wechseln. Aber immer noch besser als ihre jüngere Schwester Anna. Nur weil der Vater ihr verbot, wie ihre Schwester den Weg des geringsten Widerstands zu gehen, machte sie den Eltern das Leben zur Hölle. Dabei wollten Mutter und Vater bei der letzten verbliebenen Tochter einfach kein Risiko eingehen und verboten ihr sogar den Ballettunterricht. Das wäre zu mädchenhaft, ohnehin fehle ein medizininteressierter Sohn in der Familie. Stattdessen solle doch sie das Medizinstudium beginnen. Wenigstens eines der Kinder sollte etwas wirklich Nützliches tun.
Illustration von Gregory Gilbert-Lodge

Akademikereltern legen ihrem Nachwuchs zahllose Startvorteile für den Weg nach oben in die Wiege. Investieren viel Zeit, Geld, Energie in deren Bildung. Welcher Metzgerssohn liest schon so früh wie ein Professorenkind die wichtigsten Werke der Weltliteratur? ...
«(Eine) Hypothek lastet schwer auf vielen Akademikerkindern, die denselben Weg wie ihre Eltern beschreiten. Eigentlich möchten sie sich wie alle anderen Kinder von ihren Eltern distanzieren. Sie können das nur nicht so direkt wie etwa Söhne von Tramchauffeuren: indem sie aufsteigen, hart arbeiten, besser und erfolgreicher als ihre geringer qualifizierten Eltern werden.»

Ulrich Frischknecht: «Ich denke, diese Ambivalenz verringert die Motivation, die Neugier vieler Akademikerkinder auf alles Akademische. Besonders, wenn ihre Eltern die akademische Karriere als besonders wichtig empfinden. Und viele tun das. Gerade für viele Akademiker ist der eigene Beruf, die eigene Arbeit doch sehr wichtig für ihre Selbstdefinition.»

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