Freitag, 23. Mai 2008

Der Sinn im Sinn

Hegel - aktuell

"Sinn" nämlich ist das wunderbare Wort, welches selber in zwei entgegensetzten Bedeutungen gebraucht wird. Einmal bezeichnet es die Organe der unmittelbaren Auffassung, das andere Mal aber heißen wir Sinn: Die Bedeutung, den Gedanken, das Allgemeine der Sache. Und so bezieht sich der Sinn einerseits auf das unmittelbar äußerliche der Existenz, andererseits auf das innere Wesen derselben.


Eine sinnvolle Betrachtung nun scheidet die beiden Seiten nicht etwa, sondern in der einen Richtung enthält sie auch die entgegengesetzte und fasst im sinnlichen, unmittelbaren Anschauen zugleich das Wesen und den Begriff auf. Da sie aber ebendiese Bestimmungen in noch ungetrennter Einheit in sich trägt, so bringt sie den Begriff nicht als solchen ins Bewusstsein, sondern bleibt bei der Ahnung desselben stehen. [ ... ]


Von solcher Art ist die Goethesche Schauung und Darlegung der inneren Vernünftigkeit der Natur und ihrer Erscheinungen. Mit großem Sinne trat er naiver Weise mit sinnlicher Betrachtung an die Gegenstände heran und hatte zugleich die volle Ahnung ihres begriffsgemäßen Zusammenhangs. Auch die Geschichte kann so erfasst und erzählt werden, dass durch die einzelnen Begebenheiten und Individuen ihre wesentliche Bedeutung, und ihr notwendiger Zusammenhang heimlich hindurchleuchtet.“


Aus: Das Goetheanum Nr. 19/20 08 -“Hegels Christusimpuls“ von Olaf Oltmann