Mittwoch, 31. März 2010

"Etwa 10 Tage nach dem 40.Geburtstag der DDR wird die Mauer fallen..."

Die USA und Russland wussten alles, hatten alles längst eingefädelt.
Hier ungeheuer spannende Berichte aus der Geheimdiplomatie. Allerdings habe ich nicht herausfinden können, wer das alles niedergeschrieben hat:

"Der Hochgewachsene sprach Klartext: »Also, wie Sie wahrscheinlich wissen, haben wir ja schon im vorigen Jahr durch Unterstaatssekretär Sonnenfeld zu Professor Reinhold sagen lassen, dass die DDR in den nächsten zwei bis vier Jahren am Ende ist. Und wir fürchten, dass es ein Chaos geben wird, wenn es zu einem militärischen Konflikt kommt. Wir und die Russen müssten uns dann einmischen und das wollen beide nicht. Wie wir wissen, gehen Sie auch davon aus, dass die DDR nicht mehr lange existiert. Ich möchte Ihnen sagen, dass dies wahrscheinlich etwa zehn Tage nach dem 40. Jahrestag der DDR geschehen wird.

Dann wird die Mauer fallen. Wir haben ein Bitte: Wenn die politische Krise ausbricht, fahren Sie bitte nach Pätz [Zentrale der Grenztruppen] und sagen Sie dort den Ihnen Vertrauten, sie mögen die Mauer und die Grenze zur BRD noch sechs Wochen halten, bis wir mit den Russen alle technischen Details geklärt haben!« Zur Nachspeise waren die schon wieder weg.

(Später in Moskau:)
Am zweiten Tag wurde Uschner im Oktjabrskaja in einen Saal gerufen, der normalen Gästen verschlossen war. »Durch dicke Vorhänge wurde ich in einen Raum gezogen, wo das Geschirr aus Silber war und wo es Berge von rotem und schwarzem Kaviar gab. Aus Silberkrügen wurde immer nachgeschenkt. Die Bedienung war ganz anders gekleidet, viel vornehmer. Der Raum hätte auch der eines US-Milliardärs sein können. Ich wurde mit großer Freundlichkeit von einem Mann begrüßt, dessen Namen ich nicht kannte, man hatte ihn mir nur nuschelnd vorgestellt. Anwesend war noch der Chef des KGB für Westeuropa und die BRD, Valentin Koptelzew, der auch noch nach der Wende in der Ost- Berliner Botschaft tätig war. Ich habe erst Jahre später im Fernsehen gesehen, wer der Gastgeber war. Es war der Mann, der später gegen Gorbatschow den Putsch anführte, Gennadi Janajew, später Mitglied
des Politbüros und stellvertretender Präsident der UdSSR, damals Gewerkschaftschef. Und die wollten nun von mir detailliert wissen, wie die Lage in der DDR ist und ob sie noch zu retten sei oder nicht.

Insofern war ich da ein Drahtzieher, weil ich ihnen gesagt habe, sie ist nicht mehr zu retten. Das war das erste Mal, dass ich auf eine klare Frage eine klare Antwort gegeben habe. Ich habe ihnen gesagt, dass sie es verpasst hätten, diese Honecker-Gruppe abzusetzen und reformerische Leute ans Ruder zu bringen. Ich habe da ein paar Namen genannt: Felfe, Krolikowski, Jarowinsky und mit Fragezeichen versehen, weil ich ja wusste, dass er gute Kontakte nach Moskau hatte, sowie Willy Stoph, aber das war alles für sie nichts Neues. Koptelzew nickte. Janajew nahm das alles mit unbewegtem Gesicht zur Kenntnis. Die wussten auch, dass ich in den USA gewesen war. Die haben mir aber nicht eine Frage zu meiner USA-Reise gestellt! Ich
hatte den Eindruck, sie wussten, was ich da besprochen hatte.

Es gab also längst ozeanübergreifende Kontakte zwischen den Amis und den Russen“

"Zurück in der DDR hielt Dr. Manfred Uschner wieder einmal einen Vortrag bei den Grenztruppen in Pätz südlich von Berlin. Das waren nach Kroh Vorträge im Sinne der Perestrojka. „Nach dem Vortrag traf man sich, wie immer, zu einem Glas Bier mit General Lorenz. Diesmal aber war es der General, der eine lockere Zunge führte. Er wollte genau wissen, wie die Position Gorbatschows in puncto DDR sei. Als
Uschner erklärte, dass die Position des Generalsekretärs eindeutig die Umsetzung von Reformen fordert, er aber starke Gegner habe, die bei Reformen einen Zusammenbruch des Systems befürchten, verriet der General, warum er es so genau wissen wollte: Am liebsten würden die Grenztruppen putschen und die Angehörigen des MfS-Kommandos »2000«, die überall in kleinen Gruppen zur bewaffneten Aufsicht in den Ämtern und Behörden saßen, an die Wand stellen sowie Honecker absetzen. »Aber wir müssten sicher sein, dass Gorbatschow mitspielt.«“


Während sich Helmut Kohl vom Aufbau des Kapitalismus bei seinen Besuchen in der DDR erholte, kämpften die Arbeiter und Bauern im Osten um das tägliche Brot. "Bei wöchentlichen, manchmal täglichen Treffen der Arbeitsgruppe Zahlungsbilanz kämpften Schürer, Schalck, der Außenhandelsminister Gerhard Beil und eine Handvoll anderer Schlüsselfiguren immer verzweifelter um die Zahlungsfähigkeit der DDR. Mit jeder neuen Milliarde Schulden wuchs auch ihr Gefühl der lähmenden Abhängigkeit von der Bundesrepublik. 1988 diskutierten Schürer und Schalck privat die Idee einer Art »Konföderation« mit der Bundesrepublik als einzigen Ausweg aus dieser unerträglichen Belastung. Gleichzeitig versuchte Schürer einige bescheidene Korrekturen der zunehmend fehlgeleiteten Preis- und Investitionspolitik der DDR vorzuschlagen. Mittag und Honecker wehrten selbst diese bescheidenen Änderungsvorschläge ab, obwohl Mittag rückblickend behaupten sollte, dass auch er für engere Wirtschaftskooperationen mit der Bundesrepublik gewesen sei." Doch der Bundeskanzler war mit den Sorgen um Unsere DDR nicht allein.

"In den frühen achtziger Jahren hatten die unmittelbar Beteiligten schon gesehen, dass es in der DDR finanziell eng geworden war. Was nun die späten achtziger Jahre anbelangt, so erinnert sich Schäuble, dass Schalck ihm das tatsächliche katastrophale Ausmaß genau mitgeteilt habe. Doch vielleicht noch wichtiger ist: Schalck erinnert sich
an Schäubles Antwort:
"Wenn das Schlimmste eintreffen würde, könnte die Bundesrepublik mit einem weiteren Milliardenkredit aushelfen."

Als sich kein Licht am Ende des Tunnels abzeichnete, und Michail S. Gorbatschow im Gespräch mit Helmut Kohl im Herbst des Jahres zu allem Überfluss noch die Vereinigung der DDR mit der BRD anbot, hat Bonn statt eines weiteren Milliardenkredits ein Milliardengeschenk gemacht und die Transitpauschale auf 900 Millionen D-Mark pro Jahr hoch gesetzt. Damit überschritt der gewährte Zuschuss aus Transit- pauschale und der von Franz Josef Strauß auf 200 Millionen D-Mark erhöhten Postpauschale deutlich die Marke von einer Milliarde pro Kalenderjahr. Zum Wohle des Sozialismus. Die Inlandsverschuldung der DDR betrug damals auch bereits 130 Milliarden D-Mark.

Die katastrophale Situation in Ost-Berlin blieb aber auch dem Bonner Außenminister Hans-Dietrich Genscher nach seinem Bekunden aus dem Jahr 1995 nicht verborgen. In seinen Erinnerungen schrieb er dann: "Bereits im Sommer 1988 war ich zu dem Ergebnis gekommen, dass dramatische Veränderungen in Ost-Europa bevorstanden, ohne dass man voraussehen konnte, was genau passieren würde. Mir war jedoch klar, dass sich die Demokratisierungsprozesse in der Sowjetunion, in Polen und in Ungarn ausdehnen und vertiefen würden. Auch die DDR und die Tschechoslowakei würden über kurz oder lang davon betroffen sein! Massendemonstrationen würden, so meine Vermutung, zuerst in der DDR entstehen, denn dort hatte eine gleichsam doppelte Medienlandschaft - die Möglichkeit also, Informationen auch aus dem Westen zu beziehen - die Bürger besser und umfassender über die Entwicklungen in den anderen Staaten informiert als beispielsweise in der ČSSR."