Sonntag, 28. März 2010

Tostoi

In der Beilage "Bilder und Zeiten" der FAZ vom 20.März 2010 befanden sich Auszüge aus einer Übersetzung einer Schrift des russischen Autors Ivan Bunin "Tolstois Befreiung". Er schildert darin anekdotenhaft Begegnungen mit dem großen, verehrten Tolstoi. Das geht einem alles so zu Herzen. Einiges davon möchte ich hier gerne wiedergeben:

Tolstoi zu Bunin:- „Sie sind ein junger Schriftsteller? Schreiben Sie, schreiben Sie, wenn sie Lust dazu haben, nur denken Sie daran, das kann nicht Ziel des Lebens sein...“


-„Sie wollen ein einfaches, arbeitsames Leben führen? Das ist gut, nur tun Sie sich keine Gewalt an, machen Sie keinen Zwang daraus, in jedem Leben kann man ein guter Mensch sein...“


-„Erwarten Sie nicht zuviel vom Leben, eine bessere Zeit als jetzt werden Sie nicht haben.... Es gibt kein Glück im Leben, es gibt nur ein Wetterleuchten des Glücks- wissen Sie es zu würdigen, zehren Sie davon...


-Ein besonders „frommer“, tierliebender „Tolstojaner“ fragt Tolstoi: „Lew Nikolajewitsch, was soll ich machen, wenn mich beispielsweise ein Tiger angreift? Doch nicht etwa töten?“ In solchen Fällen lächelte Tolstoi verlegen: „Was denn für ein Tiger, wieso ein Tiger? Ich bin in meinem ganzen Leben noch keinem Tiger begegnet...“



-„Überall kommen jetzt diese Gesellschaften für Nüchternheit (Antialkoholismus) auf...“ Tolstoi runzelte die Stirn: „Welche Gesellschaften? Gesellschaften für Nüchternheit...Heißt das, dass man sich versammelt, um keinen Wodka zu trinken? Dummes Zeug. Um nicht zu trinken, braucht man sich nicht zu versammeln. Wenn man sich schon versammelt, dann muss man auch trinken. Alles dummes Zeug, Lüge , Scheinheiligkeit...“


-Bunin besucht Tolstoi: Ich trat ein und erblickte ihn selbst mit einem Buch in der Hand. Bei meinem Eintritt erhob er sich rasch und warf es ungeschickt, ja wie mir schien, sogar verlegen in die Diwanecke. Doch mit scharfen Augen sah ich, dass er sein eigenes Werk las...“Herr und Knecht“, das heißt, er las es wieder... Vor Bewunderung für dieses Werk besaß ich die Taktlosigkeit, einen begeisterten Ausruf von mir zu geben. Er wurde rot und winkte ab: Ach sagen Sie das nicht! Entsetzlich, das ist so wertlos, dass ich mich schäme, auf der Straße herumzulaufen!



-Einmal fragte Tolstoi Bunin, ob er gerade etwas schriebe: „Nein, ...ich schreibe kaum...Und es gibt auch nichts zu schreiben...“ Er sah mich unschlüssig an, dann schien ihm etwas in den Sinn zu kommen. „Wie ist das möglich? Wenn es nichts gibt, dann schreiben Sie, dass es nichts gibt und warum es nichts gibt. Denken Sie nach, warum Sie nichts zu schreiben haben, und dann schreiben Sie. Ja, ja versuchen Sie es so...“