Freitag, 24. Oktober 2008

Finanzwirtschaft

Im Rahmen des Nationalökonomischen Kurses weist Rudolf Steiner am 1.August 1922 auf den Grundzug des modernen Geldwesens hin:

(Unterstreichungen D.C.)


„Die Blütezeit, ich möchte sagen, das klassische Zeitalter des Leihkapitals trat eigentlich erst im 19.Jahrhundert, und zwar erst eigentlich gegen das zweite Drittel des 19.Jahrhunderts ein. Und damit ist dann zu verzeichnen in der geschichtlichen Entwickelung das Heraufkommen derjenigen Institutionen, die namentlich dem Beleihen dienen, das Heraufkommen des Bankwesens. So dass das klassische Zeitalter des Leihkapitals und damit die Entfaltung des Bankwesens in die letzten zwei Drittel des 19.Jahrhunderts und in die ersten Jahrzehnte des 20.Jahrhunderts fällt. Mit der Entwickelung des Bankwesens entwickelt sich immer mehr und mehr die Beleihung als dasjenige, was, ich möchte sagen, nun als ein erster Faktor eintritt in den volkswirtschaftlichen Prozess. Aber dabei hat sich zu gleicher Zeit etwas ganz Besonderes gezeigt, gerade beim Beleihen, nämlich das, dass nun durch das Beleihen im großen Stil unter der Ausbreitung des Bankwesens dem Menschen die Herrschaft über die Geldzirkulation eigentlich entzogen worden ist, dass nach und nach der Zirkulationsprozess des Geldes ein solcher geworden ist, der sich ja, ich finde keinen andern Ausdruck , der sich unpersönlich abspielt; so dass, was ich schon erwähnt habe im ersten Vortrag, tatsächlich die Zeit heraufgezogen ist, wo das Geld nun selber wirtschaftet, und der Mensch bald droben, bald drunten ist, je nachdem er in diesen ganzen Strom der Geldwirtschaft hineingezogen wird. Er wird es nämlich viel mehr, als er es eigentlich denkt; denn es hat sich die Geldzirkulation gerade im Laufe der letzten Jahrzehnte des 19.Jahrhunderts verobjektiviert, ist unpersönlich geworden. ... Da fangen diese volkswirtschaftlichen Impulse an, rein finanzwirtschaftliche Impulse zu werden durch das Bankwesen. Damit wird das Ganze nicht nur unpersönlich, sondern sogar unnatürlich; es wird alles in die sich selbst bewegende Geldströmung hineingezogen. Geldwirtschaft ohne natürliches und persönliches Subjekt, das ist dasjenige, wo hintendiert hat gegen das Ende des 19.Jahrhunderts das, was ursprünglich durchaus vom persönlichen und vom natürlichen Subjekt getragen war.“

Aus Rudolf Steiner, Nationalökonomischer Kurs, GA 340 , S. 137 f