„Das Leben bejahen, heißt alles Leben bejahen, sich selbst in Andacht eingliedern in alles brüderliche Dasein anderer Geschöpfe.“
Zufällig stieß ich vor kurzem wieder auf den Autor Manfred Kyber. Sein besonderes Anliegen, unser Umgang mit den Tieren, gehört ja auch zu unseren Menschheitsaufgaben. Viele Texte von ihm findet man im Internet. Es folgt der Anfang eines Aufsatzes von ihm. Den vollen Text kann man dann unter dem Link am Ende erreichen:
Der Bruder im Tier
Von Manfred Kyber
"Um ein Geschöpf zu verstehen, muß man in ihm den Bruder sehn" - diese Worte habe ich meinen Tiergeschichten vorangestellt, und aus dieser Gesinnung heraus sind sie gestaltet.
Das Tiermärchen begreift weit eher die eigentliche Tierseele als die mehr oder weniger richtigen naturwissenschaftlichen Schilderungen, die doch immer nur die Außenseite erfassen. Man sieht zwar, wie das Tier lebt, welche Eigenheiten es aufweist und wie sich sein Verhältnis zu den anderen Tiergattungen bildet, aber man erkennt damit nicht den Bruder im Tier. Das Märchen sieht das Tier transparenter, es sieht in seine Seelenhaftigkeit und wenn es auch manchesmal die äußeren Fähigkeiten des Tieres steigert, so tut es das, um das uns Ähnliche und Verwandte, den Bruder klarer herauszustellen.
Zu dieser kindlichen, unmittelbaren Anschauungsweise muß die weltliche Kultur wieder mehr zurückfinden, sie darf nicht mehr das Tier als außenstehendes Rätsel betrachten und schildern, sondern sie muß sich eins fühlen mit ihm und mit allem Leben, in das alles, was ist, eingegliedert ist nicht nur in einer äußeren, sondern noch weit mehr in einer inneren Geltung. Jene Kette der Dinge, jene Brüderlichkeit des Jenseitigen und Diesseitigen, jene Einheit des Daseins muß wieder geschaut und geachtet werden, von der die indische Hochkultur so weisheitsvoll erfüllt war.
Gewiß gilt das in erster Linie für die höheren Tiere, die gleich uns Liebe und Freundschaft, Treue und Anhänglichkeit, Eltern- und Kindesliebe kennen. Aber auch vor dem kleinsten Käfer, bei dem wir diese Regungen nicht nachweisen können, müssen wir wieder jene Andacht vor allem Leben lernen, jene Achtung vor allem, was atmet, denn auch in ihm und in allem, was ist, lebt eine kleine Welt in der großen. Auch er wandert mühsam die Straße jenes gemeinsamen Daseins, die uns allen vorgezeichnet ist, auch er ist ein Bruder des gleichen Weges, ein Genosse verwandter Freuden und Leiden. All das, was uns die Naturwissenschaft lehrt, ist, mag es noch so interessant sein, ist äußere Beobachtung, nicht mehr. Die Innerlichkeit des Daseins bei Menschen, Tieren und Pflanzen und allem Leben erschließt sich keiner verstandesgemäßen Analyse, sie kann und will allein erahnt werden durch jene Liebe zu allem Sein, wie sie Franziskus von Assisi hatte. ....
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