Samstag, 25. Juli 2009

Botho Strauß, Die Fehler des Kopisten

Es ist ein merkwürdiges Phänomen bei diesem Dichter: Es ist, als würden aus einem harten, verkrusteten Wüstenboden, plötzlich immer wieder die schönsten Wunderblumen hervorbrechen. So taucht in seinem Werk z.B. dieses Buch auf; und auch in diesem Buch brechen immer wieder die geistreichsten Bemerkungen auf. Als würde der Dichter die Schwelle zu einer vertieftenen Selbsterkenntnis oder manchmal gar noch einer anderen Bewusstseins-Sphäre überschreiten. Dafür einige Beispiele:


"Wie fehlt mir ein Frager jetzt!
Man muss alle wesentlichen Fragen an sich selber richten. Was von anderen kommt, sind ausschließlich Bagtellfragen. Sie fragen ihr Fräglein. ...

Wer weiß oder ahnte auch nur, welcher Frage ein Mensch in einem bestimmten Augenblick bedarf? Beinahe jede im Umgangston gestellte Frage enthält eine Schutzfunktion, die davor bewahrt, die entscheidende, die ersehnte, die wirklich naheliegende Frage zu sein." (S.37 f)

"Wenn ich Diu (seinen Sohn) nach dem Vorlesen im Bett, sobald er allein ist, sein Gebet sprechen höre, denke ich... um wieviel sinnvoller ist es, das Leben im Vertrauen zu begründen statt im Misstrauen, das mit dem Sturz des Heiligen allzu früh geweckt wird und sich rasch ausbreitet, fortfrisst bis in die Liebe. Während aber das Kind sich im Ganzen aufwärts richtet, blicken die Älteren nur gerührt zu ihm herab, statt von ihm zu lernen." (S.43)