Freitag, 5. Dezember 2008

„Geburt eines neuen Weltjahres"

Einer der schönsten Weihnachtshymnen stammt aus vorchristlicher Zeit. Er zeigt, wie schon aus dem Wissen der alten Mysterien heraus die Weisen die Ankunft des Wesens kannten und erwarteten, das der Welt Heil und Rettung bringen würde. Hier wird darauf hingewiesen, dass sogar schon die Sibylle von Cumae die Ankunft des "Sprösslings" geweissagt habe. Der größte Teil ihrer Bücher sind später verloren gegangen. Es gab also nicht nur im Heiligen Land die Christuserwartung, sondern auch in der römischen Kultur.



Hymnus von Vergil, 40 vor Chr.


Sizilianische Musen lasset uns etwas Größeres singen!

Die letzte Weltzeit beginnt jetzt,

sie wird uns den Mächtigsten bringen;

So lautet die alte Weissagung der grauen Sibylle von Cumae:

Im kreisenden Reigen der Zeiten, auserkoren zu göttlichem Ruhme,

Schon kehret wieder die Jungfrau,

kehrt wieder aus himmlischen Reichen,

Schon wird ein Sprössling entsandt,

erkennet ihr Menschen die Zeichen.

Seid wohlgesonnen dem Kinde,

dem neugeborenen Jungen,

Von dem wir hören herrlich die frohesten Prophezeiungen.

Mit dem die Zeit von Eisen vergeht

und die von Gold wieder aufersteht.


Es beginnen zu strahlen am Himmelszelt

die mächtigen Monde hell in die Welt.

Und alle Spuren unserer Schulden sollen getilgt nun werden,

Erlöst seien vom Schrecken die Lande allüberall auf Erden.


Göttliches Sein wird er tragen in sich,

wie ein göttlicher Held wird er leben.

Unter den Helden erscheinen als Licht

und sein Friedensgeschenk übergeben.

Aus den Kräften des Vaters nur handelnd,

wüste Härte der Erde verwandelnd,

Und erweichend die steinigen Krumen,

Seine Wiege umblühen nur Blumen.


Sterben wird dann die Schlange, und das Kraut voller Gift

Und es wachsen wie Lilien Blüten, wie man im Paradiese sie trifft.

Weiche Ähren im Felde blond golden erglänzen.

Und die Schönheit der Welt übersteigt alle Grenzen.


Ein paar Spuren zwar werden verbleiben des Frevels der Urzeit.

Doch wenn dich zum Manne gemacht die kräftige Erdzeit,

Nicht mehr duldet der Boden die Hacke, der Weinberg der Sichel Spur,

Jetzt löset die Stiere vom Joche der kräftige Bauer beim Pflügen.

Nicht mehr lernt dann die Wolle der Schafe die bunten Farben zu lügen,

Auf der Wiese schon wandelt der Widder sein Vlies in leuchtenden Purpur.


Bald ist's Zeit, tritt an deine Bahn, o strahlender Sprössling nun werde,

Siehe, es wankt und schwankt des Weltendomes Überwölbung,

Länder und Meere, unendlich gedehnt und die Tiefen der Erde,

Sie grüßen das neue Äon es jubelt das Weltall in Hoffnung.

O, es reiche aus mir mein Leben, deine Herrlichkeit zu lobpreisen,

Übertreffen will ich im Lobpreis der Sänger uralte Weisen.


Fang bald an, kleiner Junge, im Lachen die Mutter zu kennen!

Brachten der Monate zehn deiner Mutter doch lange Beschwerden.

Fang bald an, kleiner Junge deinen Weg hier auf Erden.


Auszug aus: 4. Lied der Hirtengedichte, bearbeitet von D. C.


Siehe auch: Hans Zimmermann http://12koerbe.de/pan/ekloga4.htm