4. Juni 2008
Von Elke Bodderas
Von wegen, über alles muss man reden: Schweigen kann Gold sein für die Seele, sagen jetzt ausgerechnet Psychologen. Demnach kann Verschlossenheit immer dann besonders hilfreich sein, wenn es um die Bewältigung von Traumata geht. ....
Zwei Jahre lang beobachteten Forscher von der Universität von Burralo Menschen in ihrer individuellen Art, das Trauma zu bewältigen. Überraschendes Ergebnis: Jene, die sich standhaft weigerten, über das Erlebte zu sprechen, zeigten sich nach 24 Monaten seelisch gesünder, als jene, die in langen Gesprächen Erleichterung gesucht hatten.
Die Psychologen hatten ihre Probanden gebeten, an Online-Befragungen zu Gefühlen und Erlebnissen teilzunehmen. Die Betroffenen sollten sich erstmals in den Tagen direkt nach den Terror-Anschlägen äußern – als die Bilder noch frisch und der Schock noch spürbar war. Anschließend sollte über zwei Jahre hinweg permanent Bericht erstattet werden. Teilnehmen durfte nur, wer weder einen Verwandten noch einen geliebten Freund verloren hatte. Die Probanden wurden nach Rede-Bereitschaft gegliedert: Wer seinen Gefühlen freien Lauf lassen wollte, kam in eine Gruppe ebenso wie jene, die mit ihren Erinnerungen allein bleiben wollten. Die populäre Ansicht, dass man über seine Gefühle sprechen muss, um ein Trauma zu überwinden, fanden die Psychologen weder bei den Unkommunikativen noch bei den Redseligen bestätigt: „Wer für sich entschieden hatte, sein Trauma für sich zu behalten, schien im anschließenden Vergleich seelisch deutlich stabiler", schreibt Mark Seery im „Journal of Consulting and Clinical Psychology", „Psychologen sollten es also häufiger den Patienten überlassen, ob sie reden wollen oder nicht."