Freitag, 30. Dezember 2011

"Kommunalka"

„….Aber nicht alle Kommunalki – (eine Kommunalka ist eine große, bürgerliche Wohnung der Zarenzeit, in der dann  im Sowjetsystem mehrere Familien gleichzeitig untergebracht wurden)- in einem Haus wurden (nach Ende des Kommunismus) aufgelöst; in meinem Treppenaufgang zum Beispiel blieb eine Kommunalka bestehen. Darin lebten zwei Brüder um die dreißig, die beschlossen, den kapitalistischen Weg einzuschlagen. Sie machten einen Trinkwassergroßhandel auf. Dieses Geschäft warf allem Anschein nach Gewinn ab. Alle Stockwerke in unserem Aufgang waren  mit Zehnliterplastikflaschen zugestellt, denn sie beiden Jungunternehmer hatten keine Lagerräume. Die Brüder veränderten sich: Sie trugen nur noch modische Kleidung und Schuhe, alles sehr schick und italienisch. Doch dann ging die russische Seele mit ihnen durch: Sie schwammen in Geld und begannen zu trinken -  kein Wasser, versteht sich. Sie tranken und tranken; und einer der Brüder trank so viel, dass er starb. Der andere Bruder veranstaltete einen pompösen Leichenschmaus in der Kommunalka. Dabei  - sein Bruder war eben erst unter die Erde gebracht – betrank er sich dermaßen- dass er ins Badezimmer verschwand und ebenfalls starb. In unserem Aufgang war es vorbei mit dem Trinkwasser-Kapitalismus. Weit und breit keine Plastikflaschen mehr....“

Viktor Jerofejew, FAZ 30.10.09, S. 34

Mittwoch, 28. Dezember 2011

Samstag, 24. Dezember 2011