Nach wie vor will Russland seinen eigenen Weg gehen. Doch es weiß nicht, wie es ihn gehen soll. Es weiß auch nicht, welchen Weg. Denn es gibt ihn noch nicht. Es wird ein geistiger sein. Dafür gibt es viele Anhaltspunkte. Solange übernimmt es Modelle anderer Kulturen und Staaten, um sie auszuprobieren. Aber niemals passt dieses Gewand so richtig:
Es folgen einige Auszüge aus einem Artikel des russischen Schriftstellers Victor Jerofejewin der FAZ vom 30.10.09 :
"Warum mögen die Russen den Kapitalismus nicht? Historisch erklärt sich das aus einer religiös begründeten Volksmoral, die den Einzelnen dem gemeinschaftlichen Ganzen unterordnet, das Leben auf der Erde als sündhaft und von teuflischen Mächten gelenkt begreift. Demut sowie Verweigerung jeglicher Erfolgsorientiertheit und Privatinitiative stellen das Herzstück der traditionellen russischen Weltanschauung dar. Darauf beruhte in vielerlei Hinsicht jene Form des östlichen Despotismus, die jahrhundertelang als Muster für die unumschränkte Herrschaft der Zaren diente, im Stalinismus vertieft wurde und neuerdings als nützliches Ideal hier und da wiederauftaucht." ...
"Gespräche über den Sinn des Lebens.
Es scheint, als trete gerade in diesen Gesprächen die Besonderheit der Russen hervor: die ewige Suche nach dem Sinn des Lebens. Sie suchen ihr ganzes Leben nach dem Sinn des Lebens und sterben schließlich, ohne ihn gefunden zu haben, ihre Kinder übernehmen den Staffelstab, danach die Enkel.In den elitären Kreisen Moskaus überlässt die Philosophie des Glamours zu Beginn des 21. Jahrhunderts ihren Platz den wiederauflebenden geistigen Werten. Übrigens sind die mir bekannten reichen Moskauer Unternehmer nicht der Meinung, dass Kapitalismus und geistige Werte unvereinbare Dinge seien. "