Bericht eines Motorad-Verunfallten
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Reflexartiges Reißen am Bremshebel
Die Sekunde des Entsetzens vom
Auftauchen des aus der Kurve hervorschießenden Sportwagens bis zum
Knall hatte sich gedehnt, als hätte jemand vorübergehend das
Universum angehalten. Zeit genug, um zu denken, dass gleich alles
vorbei sein kann. War es das jetzt? Für immer dunkel? Reflexartiges
Reißen am Bremshebel. Krachen. Gegen den Lenker geschleuderter
Unterleib. Abflug nach vorn mit dem Kopf voran. Im Augenwinkel das
hochgewirbelte Motorrad. Blitzender Schmerz beim Aufprall des Helms
in der Windschutzscheibe. Das Poltern des Körpers auf der
Fahrzeugfront. Dann lag er vor dem Auto wie eine Crashtest-Puppe, das
nachhallende Echo des Einschlags im Kopf.
In der Nacht zuvor war er aus einem
Traum hochgeschreckt, ein Traum wie noch nie. Da war etwas gewesen,
das versucht hatte, ihn zu greifen. Immer wieder hatte es sich aus
einer dunklen Tiefe heraus nach ihm gestreckt, um ihn in die
Finsternis hinabzuziehen. Ein langer Kampf. Hatte er sich mit Mühe
befreit, wurde er aufs neue gepackt, bis zum erlösenden Aufwachen um
drei in der Frühe. Für eine Viertelstunde schaltete er das Licht an
im Zimmer der Herberge, um den Traum loszuwerden in dieser letzten
Nacht am Ende einer Tour entlang der Route des Grandes Alpes.
Vorahnungen, Übersinnliches? „Zufall“, meinte die
Neurologie-Professorin, der er Wochen später von dem Traum erzählte.
„Am besten, Sie vergessen es einfach.“
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"Bin ich jetzt tot?"
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